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Wasserkraft

Definition: die Gewinnung von elektrischer (oder manchmal mechanischer) Energie aus Wasser

Alternativer Begriff: Hydroenergie

Allgemeiner Begriff: erneuerbare Energie

Englisch: hydroelectric power

Kategorien: erneuerbare Energie, Grundbegriffe

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 18.07.2010; letzte Änderung: 20.08.2023

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Die Wasserkraft (auch Hydroenergie) ist die Nutzung der kinetischen oder potenziellen Energie des Wassers. Es handelt sich um eine indirekte Nutzung von Sonnenenergie, da die genutzten hoch gelegenen Wasserreservoirs dadurch ständig erneuert werden, dass Wasser z. B. im Meer mit Hilfe von Sonnenenergie verdampft wird und so über Niederschläge wieder in hoch gelegene Regionen gelangen kann. Zwar wird nur sehr wenig Sonnenenergie auf diese Weise nutzbar, dies aber in einer konzentrierten und besonders gut nutzbaren Form.

In den meisten Fällen wird Wasserkraft mit Hilfe von Wasserkraftwerken genutzt. Der Artikel über Wasserkraftwerke diskutiert die spezifischen Aspekte solcher Anlagen, während hier die allgemeineren Aspekte behandelt werden. Der Großteil der weltweiten Stromerzeugung mit Wasserkraft stammt von großen Wasserkraftwerken; Kleinkraftwerke tragen wenig bei.

Zum Teil werden auch Osmosekraftwerke als Wasserkraftwerke bezeichnet. Sie nutzen Konzentrationsunterschiede von Salz (Salzgradienten) zwischen Fluss- und Meerwasser aus.

Bedeutung der Wasserkraft

Die Wasserkraft (oder Hydroenergie) hatte praktisch zu allen Zeiten eine Bedeutung für die Erzeugung elektrischer Energie. Heute deckt sie gut 15 % des weltweiten Strombedarfs – etwas mehr als die Kernenergie – mit häufig recht niedrigen Kosten, vor allem bei größeren Anlagen. Zwar sind die Investitionskosten meist recht hoch, jedoch sind die Betriebskosten sehr niedrig, und die Lebensdauer (teils über 100 Jahre, mit gelegentlichen Sanierungen) kann weitaus höher sein als die Amortisationszeit.

In Deutschland deckt die Wasserkraft nur 3 % der Stromerzeugung (Stand 2008), da die Topographie des Landes nur begrenzte Möglichkeiten bietet. Besonders gut geeignet für die Wasserkraftnutzung sind dagegen bergige Regionen, in Europa insbesondere die Alpen. In der Schweiz und Österreich werden über 50 % der elektrischen Energie (nicht etwa des gesamten Primärenergiebedarfs) mit Wasserkraft gewonnen, in Norwegen sogar 98,5 % (Stand 2010). Da es sich zu einem guten Teil um Speicherkraftwerke handelt, kann ein wesentlich größerer Anteil als wertvoller Spitzenlaststrom gewonnen werden, als im Land benötigt wird. Solche Länder nutzen deswegen die Möglichkeit, überschüssige Spitzenlast unter Verwendung des europäischen Verbundsystems zu hohen Preisen zu exportieren und preisgünstigere Mittellast (weniger Grundlast) zu importieren. In Ländern wie Deutschland können dadurch die Investitionen in Spitzenlastkraftwerke (z. B. mit Gasturbinen oder Druckluftspeichern) entsprechend niedriger ausfallen. Zwecks stärkerer Nutzung solcher Kapazitäten z. B. in Norwegen und Schweden werden die europäischen Stromnetze Zug um Zug weiter ausgebaut, etwa mit Seekabeln in der Nordsee. Wenn einmal ein europäisches Supergrid realisiert ist, wird die energiewirtschaftliche Bedeutung vor allem der nordischen Wasserkraft noch weiter zunehmen.

Insbesondere wegen der Notwendigkeit des Klimaschutzes (siehe unten) und wegen der Verknappung fossiler Energieträger dürfte die Wasserkraft in einigen Ländern weiter ausgebaut werden, während andere Länder (z. B. Deutschland und die Schweiz) nur noch wenig Ausbaumöglichkeiten haben und die Nutzung noch verbleibender Potenziale oft ökologisch problematisch wäre.

Im Prinzip wäre es in Deutschland günstig, Wasser-Speicherkraftwerke vermehrt nutzen zu können, um die zunehmenden und stark schwankenden Einspeisungen von Wind- und Solarstrom besser ausgleichen zu können. Leider gibt es aber kaum geeignete Standorte hierfür. Deswegen ist eine solche vermehrte Nutzung der Wasserkraft praktisch nur über verstärkte Stromnetze vor allem nach Norwegen (siehe oben) möglich.

Ökologische Aspekte

Klimaneutrale Stromerzeugung

Sehr willkommen ist, dass Wasserkraftstrom im Idealfall annähernd CO2-frei und damit nicht klimaschädlich ist, also in der Regel annähernd klimaneutral. Deswegen wäre es im Sinne des Klimaschutzes, die weltweite Wasserkrafterzeugung weiter auszubauen, um den Einsatz fossil befeuerter Kraftwerke entsprechend reduzieren zu können. Allerdings ist zu beachten, dass die Einrichtung von Stauseen zumindest vorübergehend zu hohen Emissionen von Kohlendioxid und auch Methan führen kann, wenn ländliche Gebiete mit stark kohlenstoffhaltigem Boden (womöglich sogar Urwälder) überflutet werden. In Extremfällen können die klimaschädlichen Emissionen ähnlich hoch wie bei Kohlekraftwerken werden – am ehesten bei Kraftwerken in tropischen Regenwaldregionen, kaum dagegen in kälteren Regionen, und in jedem Falle mit zunehmender Nutzungsdauer in abnehmendem Umfang.

Bei Pumpspeicherkraftwerken ist natürlich zu berücksichtigen, dass der Pumpstrom häufig aus sehr klimaschädlichen Kohlekraftwerken (teilweise aber auch aus Kernkraftwerken) stammt. Der entsprechende Teil der Erzeugung wird natürlich nicht als eigentliche Wasserkrafterzeugung betrachtet und ist ökologisch entsprechend zu bewerten. Zum Vergleich müssen andere Methoden zur Erzeugung von Spitzenlast betrachtet werden (etwa Gasturbinen oder Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke), und ggf. auch Methoden des Lastmanagements zur Verringerung des Spitzenlastbedarfs.

Eingriffe in die Landschaft

Der Bau von Wasserkraftwerken bedingt häufig starke Eingriffe in die Landschaft. Insbesondere beim Bau von Talsperren für Speicherkraftwerke in Bergregionen sind die Auswirkungen massiv; erhebliche und teils ökologisch wertvolle Flächen müssen für die Errichtung des Wasserspeichers geopfert werden. Bei manchen Großprojekten ist auch die Umsiedelung einer großen Anzahl von Menschen notwendig, oft mit entsprechenden sozialen Folgen.

Ökologisch schneiden allerdings große (und entsprechend tiefe) Talsperren unter Umständen besser ab als kleinere. Dies liegt im Kern daran, dass pro benötigtem Quadratmeter Talsperre oder Wasseroberfläche viel mehr Wasser gespeichert werden kann, umgekehrt also weniger Fläche für die gleiche gespeicherte Energiemenge benötigt wird. Dagegen sind die ökologischen Eingriffe bezogen auf die kleine Produktionsmengen bei der Kleinstwasserkraft oft besonders stark.

Heute werden häufig auch ökologische Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt, beispielsweise die Renaturierung von Flussläufen oder die Einrichtung von Schutzgebieten als Ausgleich für überflutete Regionen.

Klimaschädliche Methanemissionen

Wenn große Wasserspeicher angelegt werden, werden manchmal erhebliche Mengen von Biomasse vom Wasser überspült, und danach kann es bei der Verrottung der Biomasse unter Sauerstoffmangel zur Bildung des klimaschädlichen Methans kommen. Inwieweit dies die Klimaneutralität des Wasserkraftstroms infrage stellt, kommt allerdings sehr auf die jeweiligen Verhältnisse an. Besonders groß sind diese Gefahren, wenn der Boden viel Kohlenstoff enthält – etwa wenn Wälder überflutet werden. Bei felsigem Untergrund dagegen sind solche Effekte schwach.

Auswirkungen auf die Fauna in Flüssen

Bei Flusswasserkraftwerken (Laufwasserkraftwerken) können negative Auswirkungen auf die Fauna und Flora auftreten, insbesondere auf Fische. Ältere Bauten behindern oft sehr stark die Fischwanderung, und Fische können getötet werden, wenn sie durch die Turbinen gelangen. Bei neueren Flusskraftwerken können sorgfältig geplante Fischaufstiege (Fischtreppen, z. B. auch Fischlifte) die Fischwanderungen ermöglichen. Es gibt aber auch andere ökologische Auswirkungen wie z. B. Veränderungen des Transports von Schotter und Nährstoffen sowie der allgemein Fluss-Dynamik, z. B. nicht mehr auftretende Überflutung bestimmter Flächen. Teils werden Kraftwerksbauten daraufhin optimiert, solche Auswirkungen zu minimieren.

Probleme können auch mit zu geringen Restwassermengen auftreten. Manchmal wird nämlich einem Fließgewässer an einer Stelle Wasser entnommen und an einem anderen Ort (weiter flussabwärts) wieder zugeführt, so dass der Flussabschnitt dazwischen entsprechend weniger Wasser führt. In wasserarmen Zeiten können Flüsse und Bäche dann völlig trocken fallen, wenn nicht gewisse Restwassermengen eingehalten werden, die allerdings natürlich die gewinnbare Energiemenge reduzieren. Ähnliche Probleme gibt es, wenn der Wasserabfluss von Speicherkraftwerken im Rahmen der Spitzenlasterzeugung sehr stark schwankt; der Schwallbetrieb kann den Lebensraum zahlreicher Wassertiere und -pflanzen beeinträchtigen. Hiervon sind z. B. in der Schweiz bereits rund 30 % der Fließgewässer betroffen.

Bei Speicherkraftwerken entstehen zusätzliche Probleme durch die Stauraumspühlungen, mit denen regelmäßig Ablagerungen wie z. B. Faulschlamm aus dem Staubecken entfernt werden müssen. Die Stauraumspühlungen können insbesondere den Fischbestand stark schädigen, wenn sie nicht sehr sorgfältig geplant und durchgeführt werden.

Im Rahmen von Wassernutzungskonzessionen werden Restwassermengen, Begrenzungen des Schwallbetriebs und Regeln für Stauraumspühlungen vorgeschrieben, die meist einen Kompromiss zwischen den Bedürfnissen der Energiegewinnung und dem Gewässerschutz darstellen. Ähnliche Kompromisse sind auch nötig im Zusammenhang mit anderen Technologien, etwa bei der Bewässerung von Feldern in der Landwirtschaft sowie bei der Kühlung von großen thermischen Kraftwerken und industriellen Anlagen.

Bewertung der ökologischen Auswirkungen

Die ökologischen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung hängen also sehr stark von den jeweiligen Gegebenheiten und den unternommenen Anstrengungen ab. Auf jeden Fall sollten die ökologischen Auswirkungen differenziert für jede Anlage beurteilt und mit dem jeweiligen Nutzungspotenzial verglichen werden. (Vergleiche ökologischer Schäden, die die Größe der Produktion nicht berücksichtigen, sind natürlich unsachgemäß.) Schwierig ist der ökologische Vergleich mit anderen Methoden der Stromerzeugung, da z. B. die Klimagefahren durch die Verbrennung fossiler Energieträger schwer gegen landschaftliche Eingriffe bei der Wasserkraftnutzung abwägbar sind.

Ökologische Verbesserungen sind häufig dadurch möglich, dass in umweltfreundlich gestalteten Wasserkraftwerken produzierter Strom als Ökostrom vermarktet werden kann, wobei die höheren Erlöse zusätzliche Investitionen ermöglichen oder ggf. auch eine gewisse Reduktion der erzeugten Strommenge ausgleichen können.

Siehe auch: Wasserkraftwerk, Laufwasserkraftwerk, Wasser-Speicherkraftwerk, Pumpspeicherkraftwerk, Speicher für elektrische Energie, erneuerbare Energie

Fragen und Kommentare von Lesern

24.10.2017

Im Artikel fehlt mir die Bedeutung der Wasserkraftwerke angesichts der Herausforderungen durch extrem schnell wechselnde Lastanforderungen in den Netzen als Folge der Einspeisung aus insbesondere Photovoltaik aber auch Windkraft. Nach meinem Kenntnisstand sind gerade die Wasserkraftwerke geeignet, diese Schwankungen auszugleichen, da ihre Leistung im deutlich schneller reguliert werden kann als bei mit Dampfturbinen betriebenen Gas-, Kohle- oder Atomkraftwerken. Die als Spitzenlast-Kraftwerke konzipierten Anlagen der Vorarlberger Kraftwerke/Illwerke stellen dies seit Jahrzehnten unter Beweis.

Bislang als relativ unwirtschaftlich eingeordnete wassergespeiste Kleinkraftwerke wären gerade unter diesem Blickwinkel gut geeignet als regionale Regulatoren, um Lastwechsel bereits regional aufzufangen. In diesem Fall ergibt sich in der Beurteilung ihrer Wirtschaftlichkeit ein anderes Bild, da sie nicht isoliert als Einzelanlage zu betrachten sind, sondern in ihrer systematischen Bedeutung.

Antwort vom Autor:

Richtig ist, dass Wasser-Speicherkraftwerke als Ergänzung zu Wind- und Sonnenstrom sehr nützlich sind. Dies gilt aber nicht für Laufwasserkraftwerke, da diese in der Leistung meist kaum regulierbar sind. Gerade auch die Klein-Wasserkraftwerke verfügen in aller Regel nicht über einen Wasserspeicher, mit dem sie bedarfsgerecht produzieren könnten.

Für Deutschland besteht die einzige Möglichkeit einer bedeutend stärkeren Nutzung der Wasserkraft für diese Zwecke darin, dass man die Stromleitungen insbesondere nach Norwegen ausbaut (und natürlich auch innerhalb von Deutschland), um dort bereits vorhandene riesige Speicherkapazitäten mitnutzen zu können.

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