Zündtemperatur
Definition: die Temperatur ab der sich ein Stoff selbst entzünden kann
Alternative Begriffe: Selbstentzündungstemperatur, Zündpunkt, Entzündungspunkt
Englisch: inflammation point, ignition temperature, ignition point
Kategorien: Energieträger, Grundbegriffe
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Ursprüngliche Erstellung: 17.10.2020; letzte Änderung: 20.08.2023
Die Zündtemperatur (auch Selbstentzündungstemperatur oder der Zündpunkt) eines Stoffes oder Gegenstands ist die minimale Temperatur, die eine Selbstentzündung (d. h. ohne äußere Zündquelle) ermöglicht. In der Regel geht es um eine mehr oder weniger schnell verlaufende spontane Verbrennung, d. h. um eine exotherme chemische Reaktion mit dem Sauerstoff der Luft. In anderen Fällen erfolgt eine chemische Reaktion innerhalb des Stoffs oder Gegenstands. Beispielsweise können viele Explosivstoffe (Sprengstoffe) ab ihrer Zündtemperatur explodieren, auch ohne dass sie mit Luft in Kontakt kommen.
Die Zündtemperatur hängt nicht allein vom jeweiligen Stoff ab, sondern oft auch von anderen Faktoren, etwa von der Größe des daraus gemachten Gegenstands und von diversen Umgebungsbedingungen, etwa dem Sauerstoffgehalt der umgebenden Luft. Bei Stäuben kann beispielsweise auch die Teilchengröße eine Rolle spielen.
Der meist weitaus niedrigere Flammpunkt ist etwas anderes: Hier geht es um die Entzündung mithilfe einer äußeren Zündquelle. Überraschenderweise ist es keineswegs so, dass Stoffe mit niedrigem Flammpunkt, die deswegen als leicht entzündlich gelten, auch eine niedrige Zündtemperatur aufweisen. Vielmehr haben gerade solche Kraftstoffe mit relativ niedriger Flammtemperatur (z. B. Benzin) eine relativ hohe Zündtemperatur – deutlich höher als etwa die von Dieselkraftstoff.
Beispiel: Dieselkraftstoff in einem Motor
In einem Dieselmotor nutzt man die Selbstentzündung der Dämpfe eines Kraftstoffs aus. Meist wird Dieselkraftstoff verwendet, der eine Zündtemperatur von ca. 255 °C aufweist. Diese Temperatur kann bei weitem überschritten werden dadurch, dass Luft im Motor mit einem hohen Verdichtungsverhältnis komprimiert wird. Um den Zeitpunkt der Selbstentzündung steuern zu können, verwendet man in aller Regel ein System der Kraftstoffeinspritzung entweder in eine Vorkammer oder direkt in den Brennraum des Zylinders.
Die Verwendung einer Glühkerze zur Unterstützung der Selbstzündung scheint auf den ersten Blick gegen die Feststellung einer Selbstentzündung zu sprechen: Schließlich kann man darin eine Art Zündquelle sehen. Jedoch betrachtet man die Glühkerze üblicherweise lediglich als ein Instrument, um die Temperatur in der Brennkammer anfangs etwas anzuheben und damit die Zündtemperatur zu erreichen. Im Dauerbetrieb benötigt man sie normalerweise nicht mehr – zumindest nicht mehr mit aktiver Beheizung.
Die Zündtemperatur des Kraftstoffs ist einer der Aspekte, die seine Zündwilligkeit bestimmen.
Zündtemperatur und Sicherheit
Relevant ist die Zündtemperatur nicht nur für Anwendungen, sondern auch aus sicherheitstechnischer Sicht. Offenkundig ist es gefährlich, Substanzen zu lagern, deren Zündtemperatur nicht weit oberhalb der möglichen Lagertemperatur liegt. Natürlich ist zusätzlich zu beachten, dass eine Entzündung oder die Auslösung einer Explosion mithilfe einer äußeren Zündquelle schon bei viel niedrigeren Temperaturen möglich ist.
Unbeabsichtigte Entzündungen können entstehen, wenn brennbare Dämpfe an eine heiße Oberfläche gelangen. Beispielsweise kann sich Bratfett oder Öl in einer Pfanne selbst entzünden, wenn die Pfanne auf eine Temperatur von ca. 300 °C erhitzt wird (natürlich abhängig vom jeweiligen Fett). Hierfür ist dann keine Flamme notwendig, etwa beim Gasherd, sondern nur die genannte Temperatur der Oberfläche der Pfanne, mit der das Fett oder Öl in Kontakt kommt. Dies führt gelegentlich zu schweren Unfällen.
Beispiel: Vergleich von Erdgas und Benzin
Erdgas, welches beispielsweise in einem Erdgasfahrzeug mitgeführt wird, gilt zu Recht als gefährlich, weil beim Austritt von Erdgas leicht eine explosive Atmosphäre entsteht. Andererseits liegt die Zündtemperatur von Methan, dem Hauptbestandteil des Erdgases, mit 595 °C wesentlich höher als die von Benzin (ca. 240 bis 500 °C). Dies bedeutet, dass sich ein an sich sehr explosives Methan-Luft-Gemisch beispielsweise an heißen Teilen bei einem Autounfall wesentlich weniger leicht entzündet als Benzindämpfe. Mit etwas Glück verflüchtigt sich das explosive Gas, bevor es explodieren kann. Insofern ist als Erdgas sogar weniger leicht entzündlich als Benzin – während man beim Vergleich der Flammpunkte zum entgegengesetzten Resultat käme.
Ohnehin lassen sich die realen Gefahren nicht allein aufgrund einfacher Kennwerte wie Flammpunkt oder Zündtemperatur beurteilen, da auch andere Umstände einen sehr wesentlichen Einfluss auf die Gefahren haben. Beispielsweise steigt Erdgas rasch nach oben, während sich ausgelaufenes Benzin unterhalb des Fahrzeugs ansammeln kann und insbesondere für im Fahrzeug eingeschlossene Insassen gefährlich wird.
Siehe auch: Flammpunkt, Verbrennung
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