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Mindesterzeugung

Definition: die minimale Erzeugungsleistung einer Anlage oder eines Kraftwerkparks

Englisch: minimum generation

Kategorie: elektrische Energie

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 01.03.2015; letzte Änderung: 20.08.2023

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Der Begriff Mindesterzeugung bedeutet allgemein gesehen die minimale Produktion von Energie oder Leistung, die eine bestimmte Anlage oder z. B. ein Kraftwerkspark erbringen muss.

Im Falle einer einzelnen Anlage, beispielsweise eines Kraftwerks, kann dies die minimale elektrische Leistung bedeuten, mit der die Anlage noch sinnvoll betrieben werden kann. Bei noch niedrigerer elektrischer Leistung würde beispielsweise der Wirkungsgrad zu weit abfallen, sodass die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben wäre. In anderen Fällen müssen Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung zu gewissen Zeiten eine hohe Leistung bringen, um genügend Wärme liefern zu können. Das letztere Problem lässt sich in manchen Fällen entschärfen durch die Verwendung von Wärmespeichern, die die Deckung des Wärmebedarfs zeitweise auch ohne Betrieb der Stromerzeugungsanlage ermöglichen.

Im Falle des gesamten Kraftwerksparks z. B. eines Landes kommen noch andere Aspekte ins Spiel, die nicht die einzelnen Anlagen betreffen, sondern den Betrieb der Stromnetze. Man betrachtet hier in der Regel nur den konventionellen Kraftwerkspark, d. h. alle mit fossilen Energieträgern befeuerten Kraftwerke sowie die Kernkraftwerke. Diese Kraftwerke müssen (ggf. mit Unterstützung durch Speicher für elektrische Energie sowie durch Stromimporte oder -exporte ) stets die sogenannte Residuallast abdecken, d. h. die insgesamt benötigte elektrische Leistung abzüglich der Leistung aller nicht bedarfsgerecht steuerbaren Anlagen (z. B. für Windenergie und Photovoltaik). Leider können aber die konventionellen Kraftwerke nicht eine beliebige Leistung zwischen Null und ihrer maximalen Leistung liefern; aus verschiedenen Gründen kann eine gewisse Mindesterzeugung nicht unterschritten werden:

  • Für die einzelnen Anlagen gibt es jeweils eine Mindesterzeugung, solange sie nicht ganz abgeschaltet werden. Das Abschalten kommt manchmal nicht infrage, beispielsweise wenn die Leistung nur kurzzeitig nicht benötigt wird und die Energieverluste und/oder die Materialbeanspruchung durch das Abschalten und spätere Wiederanfahren zu hoch wären, oder wenn die Anfahrzeit zu lange wäre. Dies betrifft insbesondere große Braunkohlekraftwerke.
  • Manche Kraftwerke werden mit Kraft-Wärme-Kopplung betrieben und können ihre elektrische Leistung zu bestimmten Zeiten nicht reduzieren, weil die thermische Leistung z. B. für Heizzwecke benötigt wird. Man könnte zwar im Prinzip zu solchen Zeiten entweder die elektrische Produktion z. B. in Elektrodenkesseln verheizen oder aber Dampfturbinenanlagen mit Hilfe von Bypass-Ventilen zeitweise ohne Stromerzeugung betreiben. Solches geschieht meist aber nicht, allein schon weil die Erzeugung nur von Wärme wirtschaftlich weniger interessant ist (insbesondere wenn eine feste Einspeisevergütung gewährt wird).
  • Der stabile Betrieb der Stromnetze erfordert gewisse Systemdienstleistungen, die nicht alle Arten von Kraftwerken gleichermaßen erbringen können. Insbesondere muss an verschiedenen Stellen in den Netzen eine geeignete Menge von Blindleistung eingespeist werden, und außerdem müssen stets ausreichende Kapazitäten für die Lieferung von Regelenergie vorgehalten werden. Deswegen müssen die Übertragungsnetzbetreiber jeweils gewisse Must-run-Kapazitäten festlegen, d. h. Kraftwerke, die aus diesem Grund auf jeden Fall betrieben werden müssen.

Probleme mit der Mindesterzeugung

In Deutschland liegt die Mindesterzeugung etwas über 20 GW (Stand 2015) – zu vergleichen mit einem Verbrauch, der typischerweise zwischen ca. 50 GW und 75 GW pendelt. Die hohe Mindesterzeugung ist im Zuge der Energiewende zunehmend problematisch geworden, da aufgrund einer stets steigenden Leistung der Windenergie- und Photovoltaikanlagen die Residuallast immer häufiger unter 20 GW absinkt. In solchen Fällen muss dann entweder elektrische Energie exportiert werden (was nicht immer zu guten Preisen möglich ist), oder es müssen Anlagen für erneuerbare Energie abgeregelt (d. h. in der Leistung vermindert) werden, ohne dass die Betriebskosten dadurch sinken. An der Strombörse treten durch Überkapazitäten gelegentlich sogar negative Strompreise auf – Kraftwerksbetreiber zahlen also noch dafür, Strom in das Netz einspeisen zu dürfen. Ein wichtiger Grund hierfür ist, dass die Leistung gewisser sehr unflexibler Kraftwerke – vor allem Kohlekraftwerke und Kernkraftwerke nicht genügend oder nicht schnell genug der benötigten Residuallast angepasst werden kann.

Von daher wird angestrebt, die Mindesterzeugung zu reduzieren. Dies wird im Zuge des Abbaus von Überkapazitäten ein Stück weit von selbst geschehen. Jedoch sollte die Mindesterzeugung möglichst wesentlich stärker abnehmen als die Summe der konventionellen Kraftwerkskapazitäten. Dies setzt jedoch voraus, dass der Anteil besonders unflexibler Kraftwerke deutlich vermindert wird. Dem steht insbesondere entgegen, dass der Weiterbetrieb von Braunkohlekraftwerken für viele Jahre von gewissen Gruppen verlangt wird – trotz der Notwendigkeit eines schnellen Kohleausstiegs zugunsten des Klimaschutzes. Das Fortschreiten der Energiewende könnte dadurch behindert werden, weil allzu häufige Zeiten mit einer Residuallast unterhalb der Mindesterzeugung ökonomische Anreize setzen, um die Kapazitäten der erneuerbaren Energien langsamer auszubauen. In der Tat engagiert sich die deutsche Bundesregierung bislang eher für das Bremsen des Ausbaus der erneuerbaren Energien als für den Kohleausstieg.

Literatur

[1]Studie von Consentec zur konventionellen Mindesterzeugung, http://www.netztransparenz.de/de/Studie-konventionelle-Mindesterzeugung.htm

Siehe auch: elektrische Energie, Residuallast, Leistung, Stromnetz

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