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Neutralleiter

Definition: ein für die Stromübertragung vorgesehener Leiter, dessen elektrisches Potential nahe dem Erdpotential liegt

Gegenbegriffe: Schutzleiter, Phase, Außenleiter

Englisch: neutral conductor, neutral terminal

Kategorie: elektrische Energie

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 14.08.2020; letzte Änderung: 20.08.2023

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Stromsysteme, wie sie heute beispielsweise in Deutschland zur Versorgung von Haushalten mit elektrischer Energie verwendet werden, bieten typischerweise die folgenden Anschlüsse:

Neutralleiter und Schutzleiter sollten beide stets ein elektrisches Potential nahe dem Erdpotential haben, haben aber sehr unterschiedliche Funktionen. Bei einphasigem Wechselstrom führt der Neutralleiter im Betrieb einen elektrischen Strom, der dem in der Phasenleitung normalerweise entgegengesetzt gleich groß ist. Der genutzte Stromkreis führt also über Phase und Neutralleiter und belastet beide gleichermaßen mit Strom. Dagegen sollte der Schutzleiter im Normalbetrieb keinen nennenswerten Strom führen; er dient nur zur Sicherheitserdung elektrisch leitender Teile.

Neutralleiter bei Drehstrom; Vierleiter- und Dreileitersysteme

Etwas anders ist die Situation bei (typischerweise dreiphasigem) Drehstrom. Im Idealfall (ohne Schieflast, Oberwellen u. ä.) wird hier auch der Neutralleiter nicht mit Strom belastet; die durch die drei Phasenleitungen fließenden Ströme summieren sich in jedem Augenblick zu Null. Es gibt dann also keine elektrischen Ladungen, die durch den Neutralleiter abgeführt werden müssten. In der Praxis kommt es aber oft zu gewissen Schieflasten und/oder Oberwellen, sodass der Neutralleiter wiederum belastet wird:

  • Wenn als einfachstes Beispiel einer extremen Schieflast nur einer der drei Phasen Strom entnommen wird, muss dieser Strom natürlich in voller Höhe über den Neutralleiter zurückfließen. In weniger extremen Fällen ist die Stromstärke dort entsprechend geringer.
  • Für Oberwellen (Harmonische), deren Ordnung eine durch drei teilbare Zahl ist (3, 6, 9, …), ist der zugehörige Strom im Neutralleiter diese Summe der Ströme in den Phasen, kann also ggf. recht hoch werden. Solche Oberwellen können beispielsweise durch Geräte mit Leistungsregelung durch eine Phasenanschnittsteuerung erzeugt werden.

Bei Drehstromleitungen wird ein Neutralleiter nicht immer mitgeführt:

  • Nur im Bereich der Niederspannung verwendet man stets ein sogenanntes Vierleitersystem, welches die drei Phasen und den Neutralleiter enthält.
  • Für Mittelspannungsnetze verwendet man praktisch immer ein Dreileitersystem, bei dem der Neutralleiter fehlt; dies ist praktikabel, da Schieflasten durch geeignete Maßnahmen minimiert werden, der Neutralleiter also kaum Strom tragen müsste. Eine Sternpunktverschiebung in begrenztem Umfang ist ja auch gut tolerierbar; die Sternpunktverschiebung überträgt sich nicht durch die Transformatoren auf die Niederspannungsebene. Es genügt dann eine Erdung z. B. am Umspannwerk (wo die Mittelspannung mit einem Transformator aus Hochspannung gewonnen wird) und ggf. am Niederspannungstransformator.
  • Auch für Hochspannungsleitungen verwendet man in der Regel ein Dreileitersystem, jedoch mit gewissen Ausnahmen.

Neutralleiter bei Gleichstrom

Bei Gleichstrom-Leitungen gibt es ebenfalls Neutralleiter, die aber wiederum nicht unbedingt auf Hochspannungsleitungen geführt werden. Ähnlich wie beim Dreileitersystem für Drehstrom hat man oft nur zwei Außenleiter, die entgegengesetzt gleich große Spannungen gegen Erde führen, und führt erst auf der Verbraucherseite wieder einen Neutralleiter mit Erdung ein.

Haushaltssteckdosen und Netzkabel von Geräten

Bei einfachen Schutzkontaktsteckdosen im Haushalt werden die beiden versenkten Kontakte für Phase und Neutralleiter verwendet – wobei zumindest in Deutschland nicht genormt ist, auf welcher Seite die Phase liegt. Bei der Verkabelung im Haus ist jedoch eine blaue Farbe der Isolierung für den Neutralleiter festgelegt; beim Öffnen einer Steckdose kann man also sehen, welcher Kontakt zum Neutralleiter gehört. (Schon ohne Öffnen ist dies möglich mit einem Phasenprüfer: Er leuchtet bei Kontakt mit der Phase, aber nicht beim Neutralleiter.)

In den Zuleitungen von Geräten mit Netzstecker wird das blau isolierte Kabel nicht unbedingt für den Neutralleiter verwendet, da dies davon abhängt, mit welcher Orientierung der Stecker in die Steckdose kommt und wie diese verdrahtet ist.

Unterbrechung des Neutralleiters

Man versucht generell möglichst zuverlässig zu verhindern, dass jemals ein Verbraucher mit einer oder mehreren Phasen verbunden wird, gleichzeitig aber nicht mit dem Neutralleiter. Beispielsweise darf ein Lichtschalter niemals in die Leitung des Neutralleiters eingebaut werden; vielmehr muss man die Phase schalten. So wird sichergestellt, dass bei ausgeschaltetem Licht keine gefährliche Spannung gegen Erde z. B. an Lampensockeln anliegt. Das Schalten des Neutralleiters ist im Allgemeinen nicht nötig.

In manchen Fällen müssen jedoch Phase und Neutralleiter gemeinsam ("allpolig") geschaltet werden, etwa bei Fehlerstrom-Schutzschaltern. Dann soll der Schalter so ausgeführt werden, dass der Neutralleiter schon kurz vor der Phase verbunden wird und beim Abschalten erst kurz nach der Phase unterbrochen wird.

Wenn es trotzdem einmal zu einer Unterbrechung des Neutralleiters kommt, kann dies insbesondere in Drehstromsystemen die Zerstörung von Komponenten zur Folge haben. Bei einer ungleichen Belastung der drei Phasen kann nämlich dann der Sternmittelpunkt ein Potential weit ab vom Erdpotenzial annehmen (Nullpunktverschiebung), und zwischen diesem und einer Phase kann es dann zu einer Überspannung kommen. Eine Gefährdung von Personen sollte jedoch selbst dann vermieden werden, zumindest solange der Schutzleiter nicht ebenfalls unterbrochen ist.

Früher waren Systeme mit Nullung üblich, bei denen die Funktion Neutralleiter und Schutzkontakt von einer einzigen Leitung erfüllt wurde, die man als Nullleiter bezeichnete. Wenn diese Leitung bei einem Defekt unterbrochen war, wurde es rasch gefährlich; man konnte dann beispielsweise durch Berühren metallischer Teile eines Geräts einen Stromschlag erleiden. Deswegen sind solche Systeme z. B. im Haushalt heute nicht mehr erlaubt. Jedoch verwendet man weiterhin solche TN-C-Systeme z. B. zwischen Niederspannungstransformator und Hausanschluss, wobei man dann den Leiter mit nahezu Erdpotential als PEN-Leiter bezeichnet. Nach dem Eintritt in das Haus wird diese Leitung dann verzweigt in Neutralleiter (N) und Schutzkontaktleiter (PE). Dieser Ansatz wird mit TN-C-S bezeichnet.

Siehe auch: Phase, Schutzleiter, PEN-Leiter, TN-System, Stromnetz, Steckdose

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