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unterbrechbare Verbrauchseinrichtung

Definition: ein Stromverbraucher, der vom Stromversorger zeitweise abgeschaltet werden kann

Englisch: interruptible load

Kategorie: elektrische Energie

Autor:

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Ursprüngliche Erstellung: 26.08.2016; letzte Änderung: 20.08.2023

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Die meisten Verbraucher elektrischer Energie, die an das öffentliche Stromnetz angeschlossen sind, können jederzeit Energie aus diesem beziehen. Jedoch sind manche Verbraucher (z. B. Elektrospeicherheizungen) als unterbrechbare Verbrauchseinrichtungen eingerichtet und registriert; in diesem Fall kann der örtliche Netzbetreiber den Verbraucher innerhalb gewisser Grenzen abschalten, wenn bei der Stromversorgung Engpässe drohen – betreffend die Stromerzeugung oder oft auch die zu hohe Auslastung des lokalen Stromnetzes (Verteilungsnetzes). Durch dieses Instrument des Lastmanagements können die vorhandenen Kapazitäten besser ausgenutzt werden: Die unterbrechbaren Verbrauchseinrichtungen tragen nur in reduziertem Maße zu den nötigen Kapazitäten und damit zu den Kosten für die Infrastruktur bei. (Mehr Details hierzu weiter unten.) Als Gegenleistung für die Bereitschaft des Betreibers, die Stromlieferungen zeitweise unterbrechen zu lassen, werden meist deutlich reduzierte Stromtarife angeboten – abhängig von der Zuordnung zu einem bestimmten Lastprofil, das z. B. vom Standard-Lastprofil für Haushalte stark abweicht. Insbesondere können die Netznutzungsentgelte reduziert werden, und teils auch die Konzessionsabgaben; dies regelt das Energiewirtschaftsgesetz. Ohne technische Unterbrechbarkeit dagegen werden in der Regel keine vergünstigten Heizstromtarife gewährt.

Für die ferngesteuerte Abschaltung wird in der Regel die sogenannte Rundsteuerung eingesetzt, in manchen Fällen auch eine vom Netzbetreiber betriebene lokale Schaltuhr. Wichtig ist, dass tatsächlich eine Abschaltung der betroffenen Verbraucher geschieht und nicht etwa nur eine Umschaltung zwischen einem Hochtarif und einem Niedertarif. Der betroffene Verbrauch wird über einen separaten Stromzähler erfasst, also beispielsweise getrennt vom normalen Haushaltsstromverbrauch. Natürlich müssen unterbrechbare Lasten beim Energieversorger als solche registriert sein. Die Grundtarife (Fixkosten) für solche Verbraucher sind in der Regel höher, um den zusätzlichen technischen und administrativen Aufwand zu berücksichtigen; deswegen lohnt sich die Einrichtung und Registrierung für den Verbraucher auch erst, wenn es um genügend hohe Energiemengen geht.

Eine übliche Regelung für Heizstrom ist, dass die Stromlieferung innerhalb von 24 Stunden maximal drei Mal für maximal zwei Stunden am Stück unterbrochen werden kann, wobei zwischen zwei Sperrzeiten mindestens zwei Stunden liegen müssen. Dies hängt vom jeweiligen örtlichen Stromversorger ab – unabhängig davon, ob der jeweilige Verbraucher tatsächlich von diesem Strom bezieht. Dies bedeutet, dass man auch nach einem Stromanbieterwechsel diesbezüglich mit dem örtlichen Stromversorger zu tun hat, der ja auch den physischen Stromanschluss betreut.

Die Unterbrechungen erfolgen oft täglich zu den gleichen Zeiten; es gibt also feste Niedertarifzeiten, auf die der Betrieb der jeweiligen Verbraucher eingeschränkt wird. Jedoch gibt es auch Tarife mit nicht angekündigten Versorgungsunterbrechungen, die sich nach den aktuellen Verhältnissen in den Stromnetzen richten und dem Stromversorger deswegen noch mehr Flexibilität geben, es andererseits den Verbrauchern erschweren, sich darauf einzustellen. Die Abschaltungen erfolgen auch dann besonders häufig in den Mittagsstunden und in den frühen Abendstunden (wo viele Elektroherde laufen).

Es gibt auch Regelungen, bei denen ein Verbraucher die Unterbrechung im Notfall aufheben kann, in dieser Zeit dann aber einen sehr viel höheren Stromtarif bezahlen muss.

Beispiele für unterbrechbare Verbrauchseinrichtungen

Im Haushaltsbereich ist das klassische Beispiel die Elektrospeicherheizung. Bei einer solchen spielt eine zeitweilige Unterbrechung der Stromlieferung meist keine Rolle, da genügende Mengen von Wärme gespeichert werden, um diese Zeiten zu überbrücken. Andererseits geht es hier um meist sehr viel größere Energiemengen als beim sonstigen Stromverbrauch für Haushalte, weswegen vergünstigte Heizstromtarife für die Verbraucher sehr wichtig sind.

Bei Elektrodirektheizungen sind zeitweilige Abschaltungen heikler; jedoch gibt es beispielsweise Elektro-Fußbodenheizungen, bei denen die Wärmespeicherwirkung (Wärmekapazität) des Fußbodens genutzt wird, sodass zeitweilige Abschaltungen eher toleriert werden können als beispielsweise bei kompakten Heizgeräten.

Auch für Heizungswärmepumpen (die meistens Elektrowärmepumpen sind) gibt es spezielle Wärmepumpentarife, die an die Möglichkeit der zeitweisen Unterbrechung gekoppelt sind. Die meisten Heizungswärmepumpen sind für den unterbrechbaren Betrieb technisch geeignet; seit 2012 ist dies für neue eingebaute Wärmepumpen auch eine gesetzlich festgelegte Pflicht.

Ähnliche Möglichkeiten bieten sich für die Warmwasserbereitung in einem größeren Elektroboiler (mit z. B. 100 Litern Volumen), wobei die Rentabilität der Registrierung als unterbrechbare Verbrauchseinrichtung hier weniger klar ist, nachdem es um deutlich geringere Energiemengen geht. Kleine dezentrale Elektroboiler z. B. an Handwaschbecken kommen hierfür dagegen nicht infrage, schon wegen der dafür nötigen getrennten Verkabelung.

Elektroautos und andere elektrisch betriebene Fahrzeuge mit Batterien, die am Stromnetz aufgeladen werden, können ebenfalls als unterbrechbare Verbrauchseinrichtungen betrieben werden. Schließlich ist es hier oft nicht zwingend notwendig, die Aufladung zu bestimmten Zeiten vorzunehmen.

Auch in der Industrie werden diverse Arten von unterbrechbaren Verbrauchseinrichtungen betrieben. Auch hier muss es nicht unbedingt um die Erzeugung von Elektrowärme gehen; es kommen beispielsweise auch Kältemaschinen (etwa für die Erzeugung von flüssigem Stickstoff, der sich gut lagern lässt) und Anlagen für die Elektrolyse sehr gut infrage. Interessant ist dieser Ansatz bei allen Anlagen, die einerseits einen hohen Stromverbrauch aufweisen, bei denen andererseits aber zeitweilige Betriebsunterbrechungen gut verkraftbar sind. Für manche industriellen Prozesse ist die Vorhersehbarkeit der Sperrzeiten wichtig, während unangekündigte Abschaltzeiten den Betrieb unter Umständen sehr stören könnten.

Inwieweit reduzieren unterbrechbare Verbrauchseinrichtungen den Bedarf für Kapazitäten?

Eine naive Betrachtung könnte nahe legen, dass unterbrechbare Verbrauchseinrichtungen praktisch gar keine zusätzlichen Kapazitäten für die Stromerzeugung (Kraftwerke) und für Stromnetze erforderlich machen. Dies trifft jedoch nicht zu – insbesondere nicht für Heizstrom, vor allem wenn dieser im jeweiligen Netzgebiet in größerem Umfang benutzt wird. Die Möglichkeit, die Stromlieferungen zu unterbrechen, bringt zwar eine gewisse Entlastung in Stunden mit besonders hohem Strombedarf, reduziert aber kaum die Energiemenge, die innerhalb von 24 Stunden geliefert werden muss; schließlich werden bestimmte Wärmemengen benötigt, um die betroffenen Gebäude dauerhaft warmzuhalten, und der Aufbau von größeren Wärmespeicherkapazitäten für die Überbrückung z. B. mehrerer kalter Wochen wäre kaum praktikabel. An kalten Wintertagen sind die benötigten Energiemengen oft so hoch, dass innerhalb von 24 Stunden kaum mehr Zeiten mit überschüssigen Kapazitäten auftreten; das "Nachtstromtal" ist dann längst ausgefüllt.

Beispielsweise wird ein wesentlicher Teil der Häuser in Frankreich mit Elektrospeicherheizungen betrieben, und dort werden die Kapazitäten im Winter häufig sehr knapp, sodass Stromimporte insbesondere aus Deutschland trotz der hohen Kernkraftwerkskapazitäten nötig werden. Da die Preise am europäischen Strommarkt zu solchen Zeiten relativ hoch sind, würde man diese Notwendigkeit sicherlich gerne vermeiden; dazu reicht aber die durch die Abschaltbarkeit vieler Lasten gewonnene Flexibilität nicht aus. Übrigens stammt dieser Strom dann häufig aus Kohlekraftwerken, nachdem andere Kapazitäten (z. B. mit erneuerbarer Energie) für den Verbrauch in Deutschland bereits weitestgehend belegt sind.

Die Größe der beschriebenen Problematik hängt selbstverständlich davon ab, ein wie großer Prozentsatz der gesamten Stromerzeugung für Heizzwecke eingesetzt wird. Soweit nur ein geringer Anteil der Wohnungen (nur ganz wenige Prozent des Bestands) elektrisch beheizt wird, kann man damit tatsächlich weitgehend sonst brachliegende Kapazitäten nutzen (wobei die Problematik der geringen Energieeffizienz trotzdem besteht). Bei einem hohen Anteil von Heizstrom dagegen werden definitiv zusätzliche Kraftwerks- und Stromnetzkapazitäten für die umfangreichere Stromversorgung im Winter benötigt; entsprechend geringer ist dann energiewirtschaftlich gesehen das Potenzial für vergünstigte Heizstromtarife.

Zukünftige Potenziale für das Lastmanagement

Durch den stark steigenden Anteil erneuerbarer Energien bei der Stromerzeugung nimmt der Bedarf für Lastmanagement allmählich zu. Dies liegt daran, dass ein großer Teil der erneuerbaren Energien aus sogenannten fluktuierenden Quellen stammt: Insbesondere Windenergie und Sonnenenergie (aus Photovoltaik) fallen wetterbedingt in schwankendem Maße an.

Ein Stück weit könnte ein verstärktes Lastmanagement durch unterbrechbare Verbraucher dazu beitragen, einen höheren Anteil erneuerbarer Energien nutzbar zu machen, ohne gewaltige Kapazitäten von Speichern für elektrische Energie aufbauen zu müssen. Allerdings ist, wie oben gezeigt, das Potenzial dieses Ansatzes begrenzt, soweit (wie bisher immer der Fall) nur eine Verlagerung des Stromverbrauchs innerhalb von 24 Stunden möglich ist. Vor allem die Nutzung von Photovoltaik für Heizstrom ist kaum praktikabel, da der Solarstrom zum größeren Teil im Sommer anfällt, der Heizstrom dagegen größtenteils im Winter benötigt wird. Wenn die Photovoltaik-Kapazitäten dafür massiv ausgebaut würden, entstünden im Sommer schwer nutzbare Stromüberschüsse. Deutlich günstiger sieht es bei der Windenergie aus, die in Mitteleuropa im Winter sogar stärker anfällt, aber auch hier ist mit kalten und gleichzeitig windschwachen Wochen zu rechnen.

Eine erhebliche Ausweitung des genannten Potenzials würde also erfordern, dass ein Teil des Stromverbrauchs auch über größere Zeiträume von mehreren Wochen verlagert bzw. über mehrere Wochen vermindert werden kann. Dies wäre im Bereich der Heizwärme nur mit bivalenten Anlagen möglich, die also beispielsweise Heizwärme meist mithilfe von Elektrowärmepumpen erzeugen, zu Zeiten mit geringem Stromangebot aber durch Heizkessel oder Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung ersetzt würden. Für dezentrale Anlagen, die nur kleinere Häuser beheizen, ist dies vor allem wegen der hohen Investitionskosten kaum praktikabel. Jedoch bieten sich interessante Möglichkeiten beim Betrieb von Fernwärme- und Nahwärmenetzen. Hier sind ohne weiteres auch multivalente Lösungen möglich, beispielsweise mit einer Kombination von Elektrowärmepumpen, Kraft-Wärme-Kopplung, Spitzenlastheizkesseln und Solarthermie. (Für Zeiten mit Stromüberschüssen kommt auch Power to Heat infrage.) Es ist denkbar, dass die Betreiber solcher Anlagen zukünftig noch stärker reduzierte Stromtarife erhalten werden, wenn diese die unangekündigte Abschaltung auch für längere Zeiträume von Tagen oder sogar Wochen erlauben. Dies würde die kostengünstige Wärmelieferung unterstützen, damit das Zurückdrängen dezentraler Heizungen mit fossilen Brennstoffen, und gleichzeitig den Bedarf für Energiespeicher auch bei stark steigendem Anteil erneuerbarer Energien in der Stromerzeugung deutlich reduzieren. Letztlich hängt das Potenzial dieses Ansatzes für einen Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz davon ab, ein wie großer Anteil der Gebäude zukünftig mit Fern- oder Nahwärme versorgt werden kann. Dieser Aspekt sollte vor allem bei der Erbauung neuer Siedlungen berücksichtigt werden.

Siehe auch: Rundsteuertechnik, Stromtarif, Wärmepumpe, Elektrospeicherheizung, Heizstrom, Nachtstrom, Lastmanagement, zuschaltbare Last

Fragen und Kommentare von Lesern

21.11.2022

Wann besteht eine Unterbrechbarkeit bei Nachtspeicherheizungen und Wärmepumpen besteht? Bedarf es hierfür zwingend eines Zweitarifzählers, oder ist eine Unterbrechbarkeit bei beiden Einrichtungen auch bei Vorhandensein eines Eintarifzählersystems möglich?

Antwort vom Autor:

Technisch ist ein Zweitarifzähler natürlich keine Voraussetzung für die Unterbrechbarkeit. Üblicherweise erhält man für Nachtspeicherheizungen und Wärmepumpen jedoch einen Stromtarif, der erstens beim Arbeitspreis günstiger ist als ein normaler Haushaltsstromtarif (auch als Gegenleistung für die Unterbrechbarkeit) und zweitens meist auch unterschiedliche Tarifzeiten vorsieht.

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