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THG-Quote für Elektroautos: Greenwashing durch Verkauf des Umweltvorteils

Erschienen am 04.09.2024 im RP-Energie-Blog (als E-Mail-Newsletter erhältlich!)

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Autor: Dr. Rüdiger Paschotta, RP-Energie-Lexikon, RP Photonics AG

Inhalt: THG-Quoten für Elektroautos kommen daher wie eine Belohnung für Umweltschutz, laden aber in Wirklichkeit zur doppelten Zählung eines ohnehin begrenzten Umweltnutzens ein und damit zu Greenwashing.

Rüdiger Paschotta

In den letzten Jahren hat der Verkauf von Treibhausgasminderungsquoten (THG-Quoten) durch Besitzer von Elektroautos erheblich an Popularität gewonnen. Für viele scheint es ein attraktives Angebot: Sie können jährlich Geld erhalten, indem sie ihre durch das Fahren eines emissionsarmen Fahrzeugs erzielten CO₂-Einsparungen an Unternehmen verkaufen. Diese Unternehmen, oft aus der Mineralöl- oder Automobilindustrie, kaufen die Quoten, um ihre gesetzlichen Verpflichtungen zur Reduktion von Treibhausgasen zu erfüllen.

Doch dies führt sehr schnell zu Greenwashing – ein Phänomen, bei dem Unternehmen oder Privatpersonen ihr ökologisches Gewissen beruhigen oder ihr Image pflegen, ohne tatsächlich einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Um dies besser zu verstehen, sollten wir einen genaueren Blick auf die Funktionsweise der THG-Quote werfen.

Wie funktioniert die THG-Quote?

Die THG-Quote wurde in Deutschland 2015 als Instrument zur Reduktion von Treibhausgasemissionen eingeführt. Sie verpflichtet Unternehmen, die fossile Kraftstoffe in Verkehr bringen, einen bestimmten Anteil ihrer CO₂-Emissionen zu reduzieren. Um diese Verpflichtung zu erfüllen, können diese Unternehmen entweder selbst Maßnahmen ergreifen – etwa durch die Produktion von Biokraftstoffen oder die Förderung alternativer Antriebe – oder sie können Quoten kaufen. Hier kommen Besitzer von Elektroautos ins Spiel.

Da Elektroautos als emissionsfrei gelten (was zwar nur eingeschränkt richtig ist), leisten sie einen Beitrag zur Senkung der Gesamtemissionen. Besitzer dieser Fahrzeuge können nun ihre eingesparten Emissionen als Quoten veräußern. Der Verkauf erfolgt häufig über Drittanbieterplattformen, die die Quoten bündeln und an große Unternehmen weiterverkaufen. Die Unternehmen verwenden diese Quoten dann, um ihre eigene gesetzliche Verpflichtung zu erfüllen, ohne selbst tiefgreifende Maßnahmen zur Reduktion ihrer Emissionen treffen zu müssen.

Warum führt das zu Greenwashing?

Zunächst einmal kann man es als legitim ansehen, dass jemand, der THG-Quoten aufkauft (also Geld ausgibt, um Umweltvorteile anderswo zu erzeugen), sich einen Umweltvorteil anrechnen kann. Jedoch gibt es damit zwei Probleme. Beginnen wir mit dem grundsätzlichen:

Doppelte Zählung

Der Verkauf der THG-Quote bedeutet in der Praxis, dass der Besitzer eines Elektroautos seinen ökologischen Vorteil an ein Unternehmen überträgt. Das Unternehmen kauft diesen Vorteil, um seine CO₂-Bilanz zu verbessern und gesetzliche Auflagen zu erfüllen. Dies führt zu einer Verlagerung des Klimaschutzeffekts: Der eigentliche Emissionsvorteil, den das Elektroauto erzielt, wird dem Käufer der Quote zugeschrieben und nicht mehr dem Fahrer des Fahrzeugs selbst – aber dessen sind sich viele Fahrer nicht bewusst. Sie halten sich trotz des verkauften Umweltnutzens weiterhin selbst für ökologisch vorbildlich, was häufig weitere Konsequenzen hat:

  • Sie benutzen das Auto, wo vorher der ÖV genutzt worden wäre.
  • Sie gönnen sich dann womöglich auch anderswo Umwelt-Schweinereien, etwa Flugreisen.
  • Sie lehnen weitere Umwelt-Maßnahmen für sich ab, da sie ja schon so viel getan haben.

Der Kern dieses Problem ist die doppelte Zählung des Umweltnutzens – die so vom System nicht vorgesehen war, aber eben trotzdem erfolgt. Wir tun insgesamt viel zu wenig, um z. B. essenzielle Klimaziele zu erreichen, halten uns aber trotzdem für schon ziemlich gut, indem wir uns effektiv in die Tasche lügen.

Anders gesagt: Zwei Parteien profitieren von einer einzigen Umweltleistung: Der Elektroautobesitzer verkauft den ökologischen Vorteil seines Fahrzeugs, und das Unternehmen kauft sich von seinen Verpflichtungen frei, ohne selbst tatsächlich umweltfreundlich zu handeln. Beide Seiten fühlen sich gut – der eine bekommt Geld, das andere erfüllt seine rechtlichen Pflichten – doch am Ende wird der eigentliche Umweltvorteil nur einmal erzielt (sogar unvollständig, siehe unten) und nicht zweimal wie empfunden.

Gefördert wird diese doppelte Zählung auch dadurch, dass die THG-Quoten-Auszahlung wie eine Belohnung für gutes Tun empfunden wird. Um das zu vermeiden, müsste man denjenigen Fahrern, die dieses THG-Quoten-System für sich nutzen, etwa Folgendes mitteilen: "Sie haben mit dieser Aktion den Umweltnutzen verkauft. Effektiv fahren Sie also weiterhin ein Benzinauto." Diese ehrliche Variante wäre für viele aber wohl nicht genügend angenehm; man würde sich lieber so etwas vormogeln lassen: "Herzlichen Dank für ihre vorbildliche umweltfreundliche Mobilität. Dafür unterstützen wir Sie gerne durch Auszahlung unserer Prämie."

Unvollständiger Umweltnutzen

Das zweite Problem: Der verkaufte Umweltnutzen ist nicht einmal vollständig gegeben. Ein mit Kohlestrom betriebenes E-Fahrzeug ist kaum umweltfreundlicher als ein Benzinauto – nur mit echtem Ökostrom entsteht wirklich ein erheblicher Umweltnutzen, weil sonst die klimaschädlichen Emissionen eben im Kraftwerk entstehen. Echter Ökostrom wird in der Praxis aber oft gar nicht eingesetzt. Beispielsweise führt der Bezug von unechtem Ökostrom, wie er immer noch viel vorkommt, nur dazu, dass dem Bezüger auf dem Papier die entsprechende Menge sauberer Stromerzeugung zugerechnet wird, dass aber gleichzeitig für jemanden anders (der einfach billigen Strom will) die entsprechende Menge zusätzlicher Dreckstrom erzeugt wird. Klar, es gibt durchaus echten Ökostrom (im entsprechenden Artikel erklärt), aber den muss man dann eben geeignet auswählen.

Fazit

Für mich als jemanden, dem die existenzbedrohende Klimakrise schon seit etlichen Jahrzehnten bewusst ist, und der dies ernsthaft angehen möchte, ergibt sich folgendes Fazit:

  • Ich fahre gerne ein Elektroauto (mit Ökostrom), nicht nur weil es komfortabler ist, sondern vor allem auch wegen des Beitrags zum Umweltschutz. Der Hybridantrieb (beim vorherigen Fahrzeug) war ein Schritt in die richtige Richtung, aber eben viel zu wenig – nur ca. 20 % Emissionsreduktion. Wir brauchen 100 %, und zwar schnell.
  • Diesen ökologischen Beitrag mache ich nun aber nicht kaputt, indem ich ein paar Euro über eine THG-Quote kassiere und damit jemand anderem ermögliche, weiterhin Benzin zu verbrennen bzw. zu verkaufen.
  • Ich bin mir bewusst, dass auch das Elektroauto nicht die Lösung aller Probleme ist. Deswegen setze ich das Auto nach wie vor nur ein, wo es kaum anders geht.
  • Und schon gar nicht kommt es infrage, das Elektroauto z. B. als Rechtfertigung für Flugreisen zu missbrauchen.
  • Betreffend die Energiepolitik bin ich gegen Instrumente wie diese THG-Quoten, die allzu sehr zum Greenwashing einladen.

Siehe auch: Elektroauto, Klimaschutz, Ökostrom

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