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CO2-Recycling

Definition: die stoffliche Nutzung von Kohlendioxid, meist für die Herstellung von kohlenstoffhaltigen Energieträgern oder von Kunststoffen und Baustoffen

Alternativer Begriff: Kohlendioxid-Recycling

Englisch: CO2 recycling, carbon recycling

Kategorien: erneuerbare Energie, Grundbegriffe, Ökologie und Umwelttechnik

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 13.01.2020; letzte Änderung: 20.08.2023

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Unter CO2-Recycling versteht man die stoffliche Nutzung von Kohlendioxid (CO2), meist für die Herstellung von CO2-neutralen kohlenstoffhaltigen Energieträgern (zur Substitution fossiler Energieträger) oder auch von Kunststoffen und Baustoffen. Dies ist ein wichtiger Aspekt bei Technologien wie Power to Gas und Power to Liquid (allgemeiner Power to X); damit werden in der Regel kohlenstoffhaltige Stoffe hergestellt, wobei der Kohlenstoff aus dem verwendeten Kohlendioxid stammt.

CO2-Recycling ist nicht etwa eine bestimmte Technologie, sondern ein wichtiger Aspekt bei bestimmten Technologien. (Deswegen werden diverse technische Details nicht hier beschrieben, sondern in Artikeln über diese Technologien wie Power to Liquid.) Eine weite Spanne von Stoffen kann im Prinzip mit Methoden hergestellt werden, die CO2-Recycling beinhalten:

  • Häufig geht es um Energieträger wie Methan sowie um höhere Kohlenwasserstoffe für flüssige Synthesekraftstoffe, z. B. synthetisches Kerosin für Großflugzeuge.
  • Es können aber auch Stoffe für nicht-energetische Nutzungen erzeugt werden, beispielsweise Kunststoffe und Baustoffe wie Zement, der wiederum als Grundstoff für Mörtel und Beton dienen kann. Viele Produkte der Chemieindustrie und auch der Lebensmittelindustrie könnten letztlich mit CO2-Recycling hergestellt werden.

Die nötigen technischen Methoden werden derzeit vielerorts entwickelt. Teilweise lassen sich bereits verfügbare Technologien direkt einsetzen, ggf. mit weiteren Optimierungen. Manche Verfahren müssen auch für die großtechnische Anwendung noch erheblich weiterentwickelt werden. Beispielsweise sucht man nach weiter optimierten Katalysatoren, um bestimmte chemische Umsetzungen effizienter durchführen zu können, möglichst ohne dafür seltene und teure Materialien verwenden zu müssen.

In der Presse werden Methoden für CO2-Recycling teils euphorisch gefeiert mit Schlagzeilen wie "Der Klimakiller als Rohstoff". Leicht übersehen wird durch die Betonung des stofflichen Aspekts, dass solche Prozesse große Mengen elektrischer Energie verbrauchen. Zwar können trotzdem klimaneutrale Stoffe hergestellt werden, wenn diese Energie aus CO2-freien Quellen stammt – erneuerbare Energie wie Sonnenenergie, Windenergie oder aus Wasserkraft, oder auch Kernenergie. Jedoch wird die Gewinnung riesiger Mengen von Sonnen- und Windenergie – zusätzlich zu dem, was für die bisherige Stromversorgung nötig ist – schwierig werden, während eine Renaissance der Kernenergie schon aus Kostengründen unwahrscheinlich ist. Wichtig ist auch die Einsicht, dass beispielsweise der Energieaufwand für die Herstellung von Kraftstoffen mit CO2-Recycling weitaus höher ist als beispielsweise der für den Betrieb von Elektroautos. Vor allem deswegen sind die CO2-Vermeidungskosten mit solchen Techniken relativ hoch, und die Möglichkeit des CO2-Recycling ist keineswegs ein guter Grund, CO2-Emissionen anderswo unbesorgt zu verursachen.

Das oben Gesagte macht deutlich, dass CO2 einerseits stofflich gesehen als Rohstoff betrachtet werden kann, andererseits aber energetisch kein Wertstoff ist.

In der Natur wird CO2-Recycling schon sehr lange praktiziert. Pflanzen nehmen CO2 aus der Luft auf und gewinnen damit im Rahmen der Fotosynthese eine weite Spanne von Stoffen, die für ihr Wachstum und ihren Stoffwechsel benötigt werden – beispielsweise Zucker und Zellulose. Hierdurch entstand ein riesiger Kohlenstoff-Kreislauf, der trotz der enormen umgesetzten Stoffmengen die CO2-Konzentration in der Atmosphäre in etwa unverändert ließ, bis die massenhaften industriellen CO2-Emissionen ohne geschlossene Kreisläufe begannen.

Der englische Begriff Carbon Capture and Utilization (CCU) bedeutet den Einfang und die Nutzung von CO2 beim CO2-Recycling; dies steht im Gegensatz zu CCS = Carbon Capture and Storage = CO2-Abscheidung und -Speicherung, wo das CO2 nicht genutzt, sondern dem Verkehr entzogen werden soll. Gewissermaßen hat die Natur auch CCS schon längst praktiziert, indem sie große Mengen von Kohlenstoff in Form von Kohle, Erdöl und Erdgas von der Atmosphäre getrennt abgelagert hat.

CO2 aus Abgasen oder aus der Atmosphäre

Das zu recycelnde Kohlendioxid wird meist in konzentrierter Form benötigt. In bisherigen Pilotanlagen wird es häufig konzentrierten Quellen entnommen, beispielsweise Abgasen von Kohlekraftwerken, Gaskraftwerken, Stahlwerken, Müllverbrennungsanlagen oder Geothermieanlagen. Es gibt auch Verfahren, um Kohlendioxid aus der Luft zu gewinnen, aber diese sind technisch aufwendiger, auch in Bezug auf ihren Energieverbrauch, weil wegen der geringen Konzentration des Kohlendioxids große Luftmengen verarbeitet werden müssen.

Für erste Tests der Herstellungsverfahren ist die Verwendung von Kohlendioxid aus Abgasen sicherlich sinnvoll. Langfristig gesehen müsste man für eine großtechnische Nutzung aber Kohlendioxid größtenteils aus der Luft holen, da man große Kohlendioxid-Quellen ja wegen des Klimaschutzes vermeiden muss.

Was genau wird klimaneutral?

Wenn kohlenstoffhaltige Energieträger mit CO2-Recycling hergestellt werden und durch diesen Herstellungsprozess keine zusätzlichen CO2-Emissionen verursacht werden, können die Produkte CO2-neutral sein: Bei ihrer Verbrennung wird nur so viel Kohlendioxid freigesetzt, wie bei der Herstellung aufgenommen wird. Insgesamt wird in diesem Kohlenstoff-Kreislauf die CO2-Konzentration der Atmosphäre nicht erhöht, somit ein Beitrag zu den Klimagefahren vermieden.

Wichtige Ausnahmen sind aber Fälle, in denen zusätzliche, nicht durch das CO2 verursachte Klimagefahren entstehen. Beispielsweise könnte durch Methan als EE-Gas eine wesentliche Klimabelastung verbleiben, wenn bei Herstellung, Transport oder Anwendung ein wesentlicher Methanschlupf auftritt. Dieses Problem ist mit moderner Technik immerhin gut lösbar. Schwieriger ist die Lage bei synthetischem Kerosin, welches auch dann nicht annähernd klimaneutral wäre, wenn es perfekt CO2-neutral hergestellt würde, weil die Klimabelastung des Flugverkehrs nur zum Teil vom CO2 verursacht wird.

Andere Aspekte sind zu beachten, wenn für das CO2-Recycling CO2 aus Abgasen verwendet wird. Man kann die erzeugten Produkte als CO2-neutral betrachten, wenn die verwendeten Abgase z. B. von fossil befeuerten Kraftwerken sonst ohnehin in die Atmosphäre entlassen worden wären. Die Emissionen dieser Kraftwerke verbleiben dann allerdings – sie erfolgen nur zeitverzögert, nämlich bei der Verbrennung der synthetischen Kraftstoffe. Im Prinzip könnte man auch die Kraftwerke nun als CO2-frei betrachten, dann aber nicht die erzeugten Kraftstoffe.

Anders ist die Situation natürlich, wenn Abgase aus der Nutzung von Biomasse verwendet werden, weil dort das CO2 ja beim Pflanzenwachstum der Atmosphäre entnommen wurde.

In Bezug auf den Klimaschutz besonders günstig sind mögliche Anwendungen, bei denen Kohlenstoff längerfristig gebunden bleibt. Wenn beispielsweise Baustoffe CO2 aus der Luft binden könnten, wäre damit im Prinzip auch eine längerfristige Netto-Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre möglich. Dies könnte in der Zukunft auch nötig sein, um die Klimagefahren noch einigermaßen zu begrenzen.

Energieaufwand für das CO2-Recycling

Die folgenden Prozesse tragen typischerweise wesentlich zum Energieaufwand beim CO2-Recycling bei:

  • Häufig muss mithilfe von Elektrolyse Wasserstoff erzeugt werden, der dann mit dem CO2 reagiert, z. B. zu Methan oder Methanol. Die Elektrolyse braucht erhebliche Mengen elektrischer Energie, und dies macht häufig den Löwenanteil des Energieverbrauchs aus.
  • Weitere Prozessschritte, beispielsweise das Fischer-Tropsch-Verfahren für die Herstellung flüssiger Kraftstoffe, sind weniger energieaufwendig in dem Sinne, dass sie kaum zusätzliche elektrische Energie brauchen. Jedoch können hierbei erhebliche Energieverluste auftreten, also eine Reduktion der in den Produkten enthaltenen Energie, bzw. einen entsprechenden Mehraufwand bei der Wasserstoff-Herstellung. Solche Verluste versucht man zu reduzieren, beispielsweise indem man die Abwärme solcher Prozesse für die Herstellung von Wasserdampf nutzt, der wiederum für eine Hochtemperatur-Elektrolyse nützlich sein kann.
  • Die Gewinnung konzentrierten Kohlendioxids kann je nach Quelle einen deutlichen weiteren Energieaufwand erfordern. Dies ist insbesondere bei der Gewinnung aus Luft der Fall, weil wegen der niedrigen Konzentration des CO2 dort große Luftmengen umgesetzt werden müssen. Etwas effizienter könnte die Gewinnung aus Meerwasser sein. Wenn Abgase verwendet werden, müssen diese eventuell zuerst gereinigt werden.

Es gibt auch Ansätze, CO2 mit biotechnologischen Methoden zu binden, also Mikroorganismen hierfür einzusetzen. Jedoch benötigen auch diese eine Energiequelle, um aus CO2 energiereichere Verbindungen herzustellen. Dies kann im Prinzip Sonnenlicht sein, oder auch chemische Energie, die z. B. in Form von Wasserstoff zugeführt wird.

Da die Produktionskosten letztendlich am meisten durch die Stromkosten bestimmt werden, ist günstig produzierte elektrische Energie eine entscheidende Voraussetzung für die Praktizierbarkeit von Methoden mit CO2-Recycling. Die benötigte Energie muss natürlich aus CO2-freien Quellen stammen, damit das Prinzip des CO2-Recyclings überhaupt sinnvoll ist. Das größte globale Potenzial hierzu wird in Form von Sonnenenergie und Windenergie verfügbar sein, an manchen Orten auch durch Wasserkraft. Voraussichtlich wird CO2-Recycling hauptsächlich an Standorten durchgeführt werden, wo erneuerbare Energie kostengünstig und umweltfreundlich gewonnen werden kann. Auch wenn dann größere Transportwege für die Produkte entstehen, ist dies weniger problematisch als eine Produktion an Standorten mit teurer Stromproduktion. Für Industrieländer bedeutet dies allerdings einen Verzicht auf Energieautarkie.

Wegen des hohen Energieaufwands für das CO2-Recycling wird es meist sinnvoller sein, zunächst Emissionsreduktionen mit kostengünstigeren Methoden zu erreichen – etwa die Verbesserung der Energieeffizienz in vielen Verbrauchssektoren und die Elektrifizierung vieler Prozesse auf der Basis erneuerbarer Energie. Jedoch dürfte es in den nächsten Jahrzehnten wichtig werden, zusätzlich CO2-Recycling in großem Umfang zu praktizieren. Deswegen ist eine sorgfältige Entwicklung solcher Methoden schon zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich sinnvoll.

Siehe auch: Power to Gas, Power to Liquid, CO2-neutral

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