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free cooling

Definition: die Kühlung z. B. eines Gebäudes oder eines Rechenzentrums ohne nennenswerten Aufwand an Betriebsenergie

Alternative Begriffe: freie Kühlung, natürliche Kühlung

Allgemeinere Begriffe: Kühlung, Klimatisierung

Englisch: free cooling

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 26.05.2013; letzte Änderung: 20.08.2023

URL: https://www.energie-lexikon.info/free_cooling.html

Unter "free cooling" (auch natural cooling) versteht man die Kühlung z. B. bei der Klimatisierung von Gebäuden auf eine Weise, die keinen oder nur einen geringfügigen Energieaufwand im Betrieb verursacht. Im deutschen Sprachraum ist die falsche Übersetzung "freie Kühlung" weit verbreitet; natürlich hat "free" hier nichts mit Freiheit zu tun, sondern bedeutet "kostenlos" (im Betrieb). Entsprechend werden auch die eingesetzten Anlagen manchmal als "Freikühler" (ursprünglich "free cooler") bezeichnet.

Generell bedeutet das "free cooling", dass man nicht Kälte mit einer Kältemaschine erzeugt ("mechanische Kühlung"), sondern stattdessen kostenlose Kälte aus der Umgebung nutzt – beispielsweise aus der Umgebungsluft oder als kaltes Wasser aus einem Fluss. Trotzdem wird meistens eine Pumpe und/oder ein Ventilator benötigt, die etwas elektrische Energie benötigen. Im Vergleich zu einer Kältemaschine ist der Energieverbrauch aber sehr gering – unter Umständen mehr als zehnmal weniger. Entsprechend umweltfreundlich ist das "free cooling" im Betrieb, und die Betriebskosten sind in der Regel sehr gering. Die Investitionskosten können trotzdem erheblich sein – oft höher als mit rein konventioneller mechanischer Kühlung, wobei der anfängliche Mehraufwand oft aber rasch amortisiert werden kann.

Es gibt auch Geräte, bei denen je nach Situation nur das "free cooling" oder zusätzlich auch eine Kältemaschine eingesetzt wird. Die Kältemaschine kann dann bei Bedarf eine zusätzliche Abkühlung der Wärmeträgerflüssigkeit bewirken; manchmal wird auch komplett umgeschaltet zwischen "free cooling" und mechanischer Kühlung. Die Kühlung ist mit solchen Methoden auch bei höheren Außentemperaturen möglich, und der Aufwand an Betriebsenergie wird zumindest bei kühlerem Wetter entsprechend vermindert. Wenn eine Entfeuchtung von Luft nötig ist, wird auch hierfür meist eine Kältemaschine benötigt. Wie stark der Energieaufwand durch Einsatz von "free cooling" reduziert werden kann, hängt stark von den jeweiligen Bedingungen ab, besonders von der Verfügbarkeit von Kälte aus der Umwelt und den Anforderungen in Bezug auf Temperaturen und Feuchteregulierung.

Beispiele für "free cooling"

Klimatisierung von Wohnhäusern mit Erdsonden

Wenn ein Wohngebäude über eine Wärmepumpenheizung mit Erdwärmesonden (oder Erdwärmekörben oder einen Grundwasserbrunnen) sowie über eine Fußbodenheizung (oder eine andere Art der Flächenheizung) verfügt, ist das "free cooling" relativ einfach realisierbar. Die Erdsonden können nämlich die Wärmeträgerflüssigkeit mit einer Temperatur von meist unter 10 °C liefern, und damit lässt sich das im Zentralheizungssystem umlaufende Wasser über einen Wärmeübertrager abkühlen, ohne dass die Wärmepumpe laufen muss. Die Böden werden dann also unter die Raumtemperatur gekühlt, so dass sie den Räumen Wärme entziehen. Die Bodentemperatur darf allerdings nicht so stark abgesenkt werden, dass der Taupunkt unterschritten wird (→ Luftfeuchtigkeit) und Kondenswasser entsteht. Deswegen ist eine nennenswerte Kühlleistung nur mit Flächenheizungssystemen möglich, nicht jedoch bei Verwendung normaler Heizkörper. Eine bei schwülem Wetter ebenfalls angenehme Entfeuchtung wie bei einer Klimaanlage ist grundsätzlich nicht möglich, da dafür die Raumluft in einem Wärmeübertrager unter den Taupunkt abgekühlt werden und das Tauwasser abgeführt werden müsste.

Betriebsenergie wird in der Regel für zwei Umwälzpumpen benötigt: die für die Sole und die für den Heizkreis. Hinzu kommt ein gewisser Aufwand für die Regelungselektronik. Eine Leistung von insgesamt rund 100 Watt würde im Prinzip bei einem System mit Erdsonden genügen, um eine Kälteleistung von z. B. 2000 Watt zu erzielen. In der Praxis dürfte es allerdings häufig etwas mehr sein.

Bei Verwendung des "free cooling" wird das Erdreich in der Umgebung der Erdwärmesonden aufgewärmt. Die Folge davon ist, dass die Wärmepumpe im späteren Heizbetrieb oder bei der Erzeugung von Warmwasser eine höhere Leistungszahl erzielt. Auf diese Weise kann unter Umständen im Mittel sogar mehr Energie eingespart werden, als der Betrieb für die Kühlung benötigt.

Manche Gebäude – etwa mit Rechenzentrum oder industriellen Produktionsanlagen – haben im Sommer einen so hohen Kühlbedarf, dass ein Erdsondenfeld für die freie Kühlung nicht ausreicht, weil das Erdreich im Kühlbetrieb dann mit der Zeit zu warm wird. In diesem Falle ist eine starke Wärmeentnahme im Winter vorteilhaft, um den Energieaufwand für die sommerliche Kühlung zu reduzieren. (Das Erdreich dient dann als saisonaler Wärmespeicher.) In solchen Fällen wird manchmal bewusst eine weniger wirksame Wärmedämmung des Gebäudes verwendet [1] oder sogar ganz auf Wärmedämmung verzichtet. Der wegen reichlich anfallender Abwärme ohnehin geringe winterliche Heizwärmebedarf wird dann etwas höher, was aber akzeptabel ist, wenn dafür ein wesentlich niedrigerer Energiebedarf im Sommer entsteht. Als grobe Faustregel kann gelten, dass für den Betrieb der Erdsonden ein etwa ausgeglichenes Verhältnis zwischen Wärmeentnahme im Winter und Wärmezufuhr im Sommer vorteilhaft ist. In einem typischen Wohnhaus in Mitteleuropa ist freilich der Heizwärmebedarf immer viel höher als der Kühlbedarf, so dass eine Wärmedämmung praktisch immer sinnvoll ist.

Verwendung von kaltem Wasser

An manchen Standorten ist viel kaltes Wasser z. B. aus einem nahe gelegenen Fluss oder See verfügbar, oder auch Grundwasser. (Wenn im Winter eine Wasser/Wasser-Wärmepumpe betrieben wird, ist die Beschaffung dieses Wassers ohnehin schon geregelt.) Solches Wasser ist für die Kühlung sehr nützlich. Wenn keine extrem großen Wärmemengen abgeführt werden müssen, ist die resultierende Aufwärmung eines Gewässers so gering, dass keine ökologischen Effekte zu befürchten sind.

Der Anlagenaufwand ist ebenfalls relativ gering. Es muss lediglich Wasser über eine geeignete Filteranlage, die gelegentlich gereinigt werden muss, angesaugt und nach Aufwärmung in der Anlage anderswo wie eingeleitet werden. Dieselbe Anlage kann im Winter über eine Wärmepumpe auch für Heizungszwecke genutzt werden.

Klimatisierung mit Außenluft

Die Verwendung von Außenluft (Kürzel AUL) für die Klimatisierung ist im Allgemeinen schwieriger, da sie meist gerade dann warm ist, wenn die Kühlung am meisten benötigt wird. Trotzdem gibt es auch Ansätze, die die Nutzung der Außenluft erlauben:

  • Wenn Wärme von Geräten (z. B. Computern) auf einem höheren Temperaturniveau abgeführt werden kann, kann selbst relativ warme Luft noch dafür genügen. Beispielsweise können große Computer-Server so ausgelegt werden, dass einerseits die elektronischen Bauteile mit relativ hoher Temperatur betrieben werden können und andererseits die Wärme von ihnen relativ effizient an die Kühlluft übertragen wird. Hierfür muss die Luftführung entsprechend optimiert werden. Sehr vorteilhaft ist es außerdem, wenn die Computer für den Betrieb in einem weiten Bereich der relativen Luftfeuchtigkeit ausgelegt sind. Dann genügt das "free cooling" zumindest an nicht allzu heißen Tagen. Da das Klimatisierungssystem bei großen Serveranlagen meist einen wesentlichen Teil des gesamten Energiebedarfs verursacht (bei herkömmlichen Anlagen oft fast die Hälfte), lässt sich mit "free cooling" hier sehr viel Energie einsparen. Dies erfordert aber für eine gute Wirksamkeit die Optimierung des Gesamtsystems und nicht nur den Austausch eines Kühlaggregats.
  • Da Gebäude meist eine erhebliche Wärmekapazität (ein Wärmespeichervermögen) aufweisen, kann ihre Kühlung auch vor allem nachts erfolgen, wenn die Außentemperatur wesentlich niedriger ist als tagsüber. Es lässt sich wiederum ein Flächenheizungssystem hierfür einsetzen. Eine andere Möglichkeit ist der Einsatz einer Lüftungsanlage, bei der im nächtlichen Betrieb der Wärmeübertrager für die Wärmerückgewinnung abgeschaltet wird: Der Wärmeverlust ist in diesem Fall ja erwünscht. (Tagsüber kann der Wärmeübertrager für die Abkühlung der Zuluft nützlich sein, solange das Gebäude noch kühler ist als die Außenluft.) Diese Methode ist bei ohnehin vorhandener Lüftungsanlage eine einfache Lösung, die allerdings relativ wenig wirksam ist, da sich über die Luft nicht allzu viel Wärme übertragen lässt.

Ein Vorteil der Nutzung von Außenluft gegenüber Erdwärmesonden ist, dass die Investitionskosten hierfür in der Regel wesentlich niedriger liegen.

Man unterscheidet direkte und indirekte Methoden des "free cooling". Direkt bedeutet hier, dass die Außenluft zwecks Kühlung direkt in die Räume geführt wird. Bei indirekten Systemen dagegen kühlt die Außenluft eine Wärmeträgerflüssigkeit (z. B. ein Gemisch von Wasser und Glykol), die wiederum für die Kühlung im Gebäude eingesetzt wird. Im letzteren Fall erfolgt kein Austausch von Luftfeuchtigkeit mit dem Gebäude.

Kühlung im Winter: Aspekt der Wärmerückgewinnung

Im Winter lässt sich das "free cooling" z. B. von industriellen Produktionsanlagen besonders einfach realisieren, da kalte Außenluft verfügbar ist. Andererseits ist es oft ungünstig, auf diese Weise große Mengen von Abwärme zu verlieren, da gleichzeitig oft Wärme für Heizungsanlagen oder Warmwasserbereitung benötigt wird. Deswegen kann es sinnvoller sein, eine Wärmerückgewinnung mit Hilfe einer Wärmepumpe zu betreiben. Der Einsatz von Betriebsenergie für die Wärmepumpe hat dann einen doppelten Nutzen, nämlich gleichzeitig für Kühlung und Heizung.

Literatur

[1]Extra-Artikel: ETH Zürich: Emissionsfreie Architektur statt Wärmedämmung und Energiesparen?

Siehe auch: Klimaanlage, Kältemaschine

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