RP-Energie-Lexikon
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Primärenergiefaktor

Akronym: PEF

Definition: ein Faktor zur Bewertung unterschiedlicher Energiearten

Englisch: primary energy factor

Kategorien: Energieträger, Grundbegriffe

Autor:

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 11.08.2010; letzte Änderung: 28.10.2023

URL: https://www.energie-lexikon.info/primaerenergiefaktor.html

Bei Vergleichen des Energieverbrauchs z. B. verschiedener Gebäude tritt das Problem auf, dass unterschiedliche Arten von Energieträgern (also von Endenergie) eingesetzt werden, die nicht direkt miteinander vergleichbar sind, weil sie z. B. sehr unterschiedliche Eigenschaften bzgl. Effizienz der Bereitstellung, Versorgungssicherheit und Klimaschädlichkeit haben. Deswegen multipliziert man für solche Vergleiche den Energieverbrauch (Verbrauch an Endenergie wie z. B. Erdgas, Fernwärme oder elektrische Energie) jeweils mit einem Gewichtungsfaktor, dem sogenannten Primärenergiefaktor (in der Schweiz auch Endenergiefaktor), dessen Wert von der Art der eingesetzten Energie abhängt. Der resultierende Wert kann dann z. B. darüber entscheiden, ob das Gebäude diesbezüglich einen bestimmten Energiestandard (z. B. EnEV 2014 oder Minergie) erfüllt oder nicht.

In der einfachsten Form ist der Gewichtungsfaktor einfach das Verhältnis der Mengen von Primärenergie und Endenergie, so dass man durch Multiplikation damit effektiv den Primärenergiebedarf berechnet. Jedoch bleibt auch dann das Problem, dass beispielsweise der Verbrauch einer Kilowattstunde aus Erdöl beispielsweise mit Blick auf Versorgungssicherheit und Klimagefahren völlig anders bewertet werden sollte als der einer Kilowattstunde aus Holz oder aus Sonnenenergie. Deswegen wird das System üblicherweise so modifiziert, dass die Gewichtungsfaktoren für erneuerbare Energien Null sind oder (bei Holz) zumindest recht kleine Werte haben. Es handelt sich also nicht um einen physikalischen Faktor, sondern einen für eine sachgerechte Bewertung unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte festgelegten Faktor.

Die Werte für Kohle, Heizöl, Erdgas u. ä. werden nach EnEV als 1,1 oder 1,2 angesetzt, nicht 1 wie nach den Minergie-Regeln. Damit berücksichtigt man, dass bereits die Bereitstellung dieser Energieträger beim Endverbraucher einen gewissen Energieverbrauch verursacht. Beispielsweise werden Erdölprodukte in Erdölraffinerien verarbeitet, in denen ein Teil der Energie des Rohöls verloren geht. Außerdem entsteht ein Energieaufwand für den Transport beispielsweise in Pipelines und Tankwagen.

Einen objektiv richtigen Wert z. B. für Holz gibt es nicht – nicht nur, weil der Aufwand an nicht erneuerbarer Energie bei der Holzgewinnung unterschiedlich hoch sein kann, sondern auch wegen möglicher Verdrängungseffekte: Eine Zunahme des Holzverbrauchs an einer Stelle könnte bei eng werdenden Märkten den Holzeinsatz an anderer Stelle reduzieren, also z. B. den Einsatz von Erdgas erhöhen. Je stärker solche Verdrängungseffekte werden, desto höher sollte der Primärenergiefaktor für Holz angesetzt werden.

Energie­träger Primärenergie­faktor nach EnEV 2014 Gewichtungs­faktor nach Minergie
Steinkohle 1,1 1
Braunkohle 1,2 1
Heizöl 1,1 1
Erdgas und Flüssiggas 1,1 1
elektrische Energie aus nicht erneuerbaren Quellen 1,8 2
Holz 0,2 0,5
Nah- und Fernwärme
aus Heizwerken
0,1 bzw. 1,3 1
Nah- und Fernwärme
aus Heizkraftwerken
(mit Kraft-Wärme-Kopplung)
0 bzw. 0,7 0,6
Solarenergie und Umgebungswärme 0 0

Als Beispiele gibt die Tabelle die Primärenergiefaktoren gemäß der deutschen Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) sowie nach dem schweizerischen Minergie-Standard an. Bei Nah- und Fernwärme gelten die kleineren Zahlenwerte bei Verwendung erneuerbarer Energieträger, die größeren bei Verwendung fossiler Brennstoffe.

Das GebäudeEnergieGesetz 2020 enthält ebenfalls detaillierte Regeln für die Ermittlung des Jahres-Primärenergiebedarfs mithilfe von Primärenergiefaktoren [1].

Es gibt noch diverse andere Systeme, beispielsweise den der schweizerischen SIA, die jeweils zwei unterschiedliche Primärenergiefaktoren angibt: einen gesamten und einen nur für die nicht erneuerbare Energie.

Bemerkenswert ist, dass die verwendeten Primärenergiefaktoren für Strom tendenziell sinken. Beispielsweise galt für Strom aus nicht erneuerbaren Quellen gemäß EnEV 2014 zunächst der Wert 2,4, seit 2016 aber nur noch 1,8. Dies wird damit begründet, dass die Stromerzeugung tendenziell umweltfreundlicher wird (z. B. in Deutschland mit deutlich zunehmenden Anteil von Wind- und Solarstrom). Allerdings ist dies nicht ganz nachvollziehbar, da es ja um den nicht erneuerbaren Anteil geht.

Im Falle von Elektrowärmepumpen sieht man, dass eine hohe Leistungszahl wichtig ist, um trotz des relativ hohen Primärenergiefaktors von Strom eine gute Bilanz zu erzielen. Dies liegt daran, dass die Energieverluste bei der Stromerzeugung in Wärmekraftwerken einen großen Teil des Gewinns der Wärmepumpen (aus der Nutzung von Umweltwärme) wieder zunichte machen.

Die Erzeugeraufwandszahl z. B. eines Heizkessels kann man mit dem Primärenergiefaktor des Brennstoffs multiplizieren, um die Anlagenaufwandszahl zu erhalten.

Literatur

[1]Infos zu Primärenergiefaktors im GebäudeEnergieGesetz 2020, https://www.geg-info.de/geg/022_%A7_primaerenergiefaktoren.htm

Siehe auch: Energie, Primärenergie, Endenergie, Aufwandszahl, Klimagefahren, Versorgungssicherheit, Energieeinsparverordnung

Fragen und Kommentare von Lesern

08.06.2020

Ich habe von meinem Nahwärmelieferanten auf die Frage nach der CO2-Belastung einen Primärenergiefaktor genannt bekommen. Wie kann ich denn von dem auf eine CO2-Belastung pro kWh schließen? Mein Energielieferant kann sonst keine Daten liefern.

Antwort vom Autor:

Der Primärenergiefaktor gibt in der Tat keinen Aufschluss über die CO2-Belastung. Zwar dürfte der CO2-Ausstoß tendenziell geringer sein, wenn der Primärenergiefaktor klein ist, aber es gibt da keinen festen Zusammenhang.

02.09.2020

Bei "meiner" Fernwärme wird mit Hinweis auf die Stromerzeugung im BHKW – gespeist aus Erdgas, Biogas und Bio-Erdgas – ein Primärenergiefaktor von null sowie ein CO2-Ausstoß von 85 g/kWh angegeben. Können Sie diese Unterschiede bitte kurz erläutern?

Antwort vom Autor:

Der Primärenergiefaktor kann eigentlich nicht null sein, solange Erdgas verwendet wird. Dafür müsste man ausschließlich erneuerbare Energie einsetzen. Auch der CO2-Ausstoß deutet darauf hin; er ist knapp halb so groß wie bei einer normalen Gasheizung, aber natürlich nicht perfekt.

03.10.2020

Wir sind bei unseren Neubauvorhaben(DE) verpflichtet die Fernwärme zu nutzen, es sei denn wir "unterbieten" den Primärenergiefaktor des BKHWs (0,36, Erdgas). Geplant ist Solar, PV + Heizstab und Holz/Pellets, also alles erneuerbar und laut obiger Aussage dann ja bei 0. Aber vom Hausbauer und anderen Quellen bekomme ich die Aussage, dass man das kaum unterbieten kann. Wo bekomme Ich hierzu hilfreiche Aussagen?

Antwort vom Autor:

Ich denke auch, dass es wenig sinnvoll wäre, eine Alternative zur Fernwärme in diesem Fall zu suchen. Auf jeden Fall wären die Investitionskosten weitaus höher, ohne dass man hiermit viel gewinnen könnte. Voraussichtlich wären das Resultat extrem hohe CO2-Vermeidungskosten. Da würde ich eher noch etwas mehr Geld in verbesserten Wärmeschutz investieren oder eben in zusätzliche Photovoltaik.

08.11.2020

Was ist der Primärenergiefaktor von Kernenergie?

Antwort vom Autor:

Das ist elektrische Energie aus nicht erneuerbaren Quellen, die Sie in der Tabelle finden.

30.11.2020

Auch hier, genau wie in Wikipedia, ist die Definition des PEF unklar ausgedrückt. Wenn es der Faktor Primärenergie/Endenergie ist, sollte er für Erneuerbare 1,0 sein, aber offenbar sind die Zahlen anders.

Antwort vom Autor:

Der Primärenergiefaktor ist nicht ein einfaches Verhältnis, sondern ein verschiedene Aspekte berücksichtigender Gewichtungsfaktor. Die Unklarheit ist vielleicht nur ein Widerspruch zu dem, was Sie intuitiv erwartet hätten.

25.05.2021

Mein Energielieferant (Stadtwerke) ist nicht in der Lage, die Primärenergiefaktoren anzugeben. Den Wert von 2,58 für Strom kann ich in keiner Tabelle finden. Was wäre der richtige Wert?

Antwort vom Autor:

Es gibt nicht "den" richtigen Wert, außer wenn klar ist, welcher Standard zugrunde gelegt werden muss. Beispielsweise wäre der Wert nach EnEV 2014 nur 1,8 (siehe die Tabelle oben).

14.08.2021

Welchen Primärenergiefaktor nimmt man für Kraftstoffe (Benzin, Diesel)? Dieselben 1,1 wie bei Heizöl?

Antwort vom Autor:

Ich denke ja, aber die EnEV 2014 (als Beispiel) interessiert sich für Gebäude und damit nicht für Kraftstoffe.

06.04.2022

Nach der energetischen Renovierung meines Hauses und dem Einbau einer Sole/Wasser-Wärmepumpe (JAZ = 4,5) wurde mir vom Energieberater ein «Energieausweis für Wohngebäude nach EnEV« zugeschickt. Der Endenergiebedarf wurde mit 24,9 kWh/ (m2a) ermittelt, der Primarenergiebedarf mit 44,9 kWh/(m2a). Der Primarenergiebedarf ist damit und den Faktor 1,8 größer als der Endenergiebedarf. Es wurde offensichtlich mit dem Primärenergiefaktor von 1,8 (für Strom) gerechnet. Der Einsatz der Wärmepumpe wurde offensichtlich nicht berücksichtigt.

Der größte Teil des Strom wird mit einer 14,5-kWp-PV-Anlage erzeugt, auch das geht nicht in die Berechnung des Primärenergiebedarfs ein. Ist Berechnung des Energieberaters richtig? Sollte der Einsatz einer WP und einer PV-Anlage nicht zu einem deutlich niedrigerem Primärenergiebedarf führen?

Antwort vom Autor:

Nein, ich denke das hat der Energieberater richtig gemacht:

  • Der von Ihnen nicht angegebene Heizwärmebedarf dürfte wesentlich größer sein. Der trotzdem recht niedrige Endenergiebedarf liegt an der Verwendung der tatsächlich recht effizienten Wärmepumpe. Und wie Sie richtig erkannt haben, wurde der Primärenergiefaktor für Strom angewandt.
  • Die Sache mit der Photovoltaik wird nicht berücksichtigt, weil man sie als eine separate Angelegenheit ansehen kann. Natürlich können Sie das persönlich miteinander verrechnen, und auf der Stromrechnung wird es ohnehin berücksichtigt, aber der Energieausweis bewertet eben den Energieverbrauch für die Heizung des Hauses unabhängig davon, wo genau Sie den Strom dafür holen.

24.10.2022

Der PEF für Solarenergie wird hier mit 0 angegeben. Warum werden hier z. B. nicht die CO2-Belastungen, die bei Herstellung, Transport und Installierung der entsprechenden Solar-Paneele entstehen, berücksichtigt? Ggf. stellt sich diese Frage auch für die Energiegewinnung durch Windkraftanlagen.

Antwort vom Autor:

Diese Frage können Sie bei jeder Art der Energiegewinnung stellen. Beim Primärenergiefaktor geht es um grobe Vergleiche zwischen unterschiedlichsten Energieträgern, wo man sich über viele Details streiten könnte, aber keine hohe Präzision erwarten kann.

29.12.2022

Der Primärenergiefaktor enthält PER DEFINITION die Energiemenge die für Herstellung, Transport und Verteilung der Energie aufgewendet werden muss. Beim Erdöl sind dies 25 %. Nach ihrer Angabe für erneuerbare Energie 0. Das würde heißen, dass der Stausee bzw. der Beton hierfür (für die Zwischenspeicherung), das Kabel, das Glas auf dem Sonnenkollektor, der Alurahmen ALLES mit erneuerbarer Energie hergestellt ist. Wieder ein klarer Fall von Greenwashing der hier betrieben wird. Wenn ich da die Gasförderung ansehe, mit der Verdichtung für Flüssiggas und dann wird 1.1 eingesetzt wird – klar dass eher Lottozahlen veröffentlicht werden als gewissenhafte Annahmen.

Antwort vom Autor:

Sie haben den Zweck der Primärenergiefaktoren nicht richtig verstanden. Es geht nicht darum, den genauen Primärenergieverbrauch zu ermitteln – was im Einzelnen auch oft schwer bis unmöglich akkurat erreichbar wäre. Vielmehr geht es um grobe, aber immerhin einfache Vergleiche. Der Vorwurf des Greenwashings ist in diesem Fall m. E. nicht angebracht.

24.02.2023

Wie hoch ist der fp-Wert einer elektrischen Infrarotheizung?

Antwort vom Autor:

Es gilt der Primärenergiefaktor von Strom – z. B. 1,8 nach EnEV 2014.

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