Ladezustand einer Batterie
Akronym: SoC = state of charge
Definition: die einer Batterie entnehmbare Energie relativ zu ihrer Kapazität
Englisch: state of charge
Kategorien: elektrische Energie, Energiespeicherung, Fahrzeuge
Autor: Dr. Rüdiger Paschotta
Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen
Einheit: %
Ursprüngliche Erstellung: 14.09.2024; letzte Änderung: 14.09.2024
URL: https://www.energie-lexikon.info/ladezustand_einer_batterie.html
Der Begriff Ladezustand wird praktisch nur im Zusammenhang mit wiederaufladbaren Batterien verwendet, die auch als Akkumulatoren bezeichnet werden. Er bedeutet die einer Batterie entnehmbare Energie relativ zur nutzbaren Kapazität. Wenn beispielsweise der Ladezustand 80 % ist, bedeutet dies, dass man noch 80 % der Energiemenge entnehmen kann, die bei voll geladener Batterie verfügbar wäre. Bei einem Elektroauto entspräche das 80 % der maximal möglichen Reichweite. Hier wird dem Fahrer häufig sowohl der Ladezustand in Prozent angezeigt als auch die damit verbleibende Reichweite – wobei die Schätzung der Letzteren natürlich Annahmen über die Fahrweise (vor allem die Geschwindigkeit) voraussetzt.
Man könnte den Ladezustand auch auf die entnehmbare elektrische Ladung statt auf die entnehmbare Energie beziehen. Dies würde zu etwas anderen Resultaten führen, da die elektrische Spannung bei tiefen Ladezuständen etwas niedriger ist, weswegen die gleiche Ladungsmenge dann weniger wert ist.
Offenkundig ist eine einigermaßen genaue Kenntnis des Ladezustands wichtig:
- Beim Einsatz einer Batterie beispielsweise eines Elektroautos oder eines Geräts (Smartphone, Radio, Rasenmäher) möchte man wissen, wie lange eine Nutzung noch möglich ist, wo die Batterie wieder aufgeladen werden muss.
- Das Laden einer Batterie sollte bis zum richtigen Zustand erfolgen: nicht zu wenig, aber sicher auch nicht zu viel, um die Batterie nicht zu schädigen. Man möchte außerdem abschätzen können, wie lange das Laden noch dauert.
Genaue Definition des Ladezustands
Der Ladezustand kann sich zwischen 0 und 100 % bewegen, wobei diese beiden Zustände der Batterie aber nicht physikalisch genau definiert sind, sondern durch ein die Batterie nutzendes System festgelegt werden. In der Praxis arbeitet ein Batteriemanagementsystem meist so, dass ein Ladezustand von 100 % nicht ganz dem physikalisch eigentlich möglichen Energieinhalt entspricht; man möchte die Batterie (etwa einen Lithium-Ionen-Batterie in einem Elektroauto) nicht bis an ihre äußerste Grenze laden, da sie in diesem Zustand wesentlich schneller altert und bei sehr starker Belastung sogar zerstört werden könnte. Ebenfalls gibt man einen Ladezustand von 0 % an, wenn die Batterie in Wirklichkeit noch eine gewisse Reserve hat; gerade Lithium-Ionen-Batterien können nämlich durch eine Tiefentladung völlig zerstört werden und haben bei sehr tiefem Ladezustand auch ungünstigere Betriebseigenschaften, etwa betreffend den Innenwiderstand. Es kann vorkommen, dass ein Fahrzeug trotz eines Ladezustands von 0 % noch für eine kurze Strecke gefahren werden kann, um an eine Ladesäule zu kommen; darauf sollte man sich aber nicht verlassen.
In diesem Zusammenhang spricht man häufig von der Brutto- und Nettokapazität. Die Bruttokapazität ist die im Prinzip mögliche, die Nettokapazität die vom System tatsächlich genutzte Kapazität der Batterie. Bei Elektroautos wird man die Nettokapazität typischerweise um knapp 10 % geringer als die Bruttokapazität festlegen. Übrigens wird die Nettokapazität unter Umständen nach einiger Alterung der Batterie vom Batteriemanagementsystem reduziert, da die Kapazität mit der Zeit nachlässt und man nicht riskieren sollte, in die Tiefentladung zu kommen.
Bestimmung des Ladezustands
Im Betrieb beispielsweise eines Elektroautos ist es wichtig, den Ladezustand jederzeit einigermaßen zuverlässig bestimmen zu können. Hierfür gibt es verschiedene Methoden, die in der Praxis häufig miteinander kombiniert werden, um eine gute Genauigkeit zu erzielen. Die beiden üblichen werden im Folgenden beschrieben:
- Spannungsmessung: Die elektrische Spannung an der Batterie steigt normalerweise mit zunehmendem Ladezustand – allerdings beispielsweise bei Lithium-Ionen-Akkus gerade bei mittleren Ladezuständen relativ wenig. Zusätzlich gibt es andere Einflüsse auf die Spannung, insbesondere die Temperatur und den Lade- oder Entladestrom: Die Spannung ändert sich ungefähr proportional zum Strom entsprechend dem momentanen Innenwiderstand, der wiederum vom Ladezustand und der Temperatur abhängen kann. Aus diesen Gründen wird klar, dass allein eine Spannungsmessung, ggf. auch im stromlosen Zustand (um den Effekt des Innenwiderstandes zu eliminieren), häufig keine genügend hohe Genauigkeit erlaubt. Die Spannung ist aber normalerweise ein besonders wichtiger Parameter beim vollständigen Laden, da eine zu hohe Spannung die Batterie gefährden kann, während eine zu niedrige Ladeendspannung die nutzbare Energiemenge reduziert.
- Coulomb-Zählung: Wenn der Ladezustand anfangs bekannt ist wenn der anfängliche Ladezustand bekannt ist, kann seine Änderung ziemlich genau durch die entnommene oder zugefügte elektrische Ladung berechnet werden. (Die meisten Batterien weisen nämlich eine hohe Coulomb-Effizienz auf, d. h. man kann fast genauso viel elektrische Ladung entnehmen, wie man vorher zugefügt hat.) Diese Ladung ergibt sich durch zeitliche Integration der Stromstärke. Wenn beispielsweise eine Stromstärke von 5 Ampere eine halbe Stunde lang entnommen wird, entspricht dies einer Ladung von 2,5 Coulomb, was einem bekannten Bruchteil der Kapazität der Batterie entspricht. Fehlereinflüsse ergeben sich allerdings durch Ungenauigkeiten der Strommessung sowie über längere Zeit durch die Selbstentladung der Batterie. Typischerweise wird die Ungenauigkeit des ermittelten Ladezustands mit der Zeit immer größer, weswegen der Ladezustand gelegentlich mit einer anderen Art von Messung wieder korrigiert werden muss. Beispielsweise kann die Batterie geladen werden, bis sie eine bestimmte Endspannung erreicht (die man ggf. ein wenig von der Temperatur abhängig macht), und dann kann der Ladezustand wieder auf 100 % gesetzt (damit neu kalibriert) werden. Ähnlich kann man den Ladezustand auf 0 % setzen, wenn eine gewisse untere Endspannung erreicht wird.
In der Praxis werden häufig zusätzliche Daten verwendet, um die Genauigkeit des ermittelten Ladezustand zu verbessern:
- Impedanzmessung: Wie oben erwähnt, kann sich der Innenwiderstand einer Batterie mit dem Ladezustand ändern, sodass die Messung dieses Innenwiderstands (etwa über die Messung der Spannungsänderung bei Änderung der Strombelastung) eine zusätzliche Information über den Ladezustand liefert. Solche Messungen sind auch dynamisch möglich, d. h. mit einer schnellen Oszillation der Strombelastung; damit ermittelt man die Impedanz bei einer gewissen Frequenz, oder ggf. sogar bei unterschiedlichen Frequenzen.
- Temperaturmessung: Die Temperatur einer Batterie, die beispielsweise im Fahrzeugeinsatz erheblich variieren kann, hat einen mehr oder weniger bekannten Einfluss auf die Betriebsparameter. Ihre Berücksichtigung kann also die Schätzung des Ladezustands deutlich verbessern.
- Standdauer: Ein Batteriemanagementsystem kann auch berücksichtigen, wie lange ein Fahrzeug gestanden ist, und idealerweise, welche Temperatur die Batterie in dieser Zeit durchschnittlich hatte. Dadurch lässt sich die Selbstentladung (siehe unten) abschätzen.
Welche Methoden wie gut funktionieren, hängt stark vom Typ der verwendeten Batterie ab. Deswegen muss das Batteriemanagementsystem genau auf den Batterietyp abgestimmt sein.
Für eine besonders hohe Genauigkeit verwendet man mathematisch-physikalische Batteriemodelle, die den Zustand der Batterie mit einer Reihe verschiedener Parameter relativ genau abbilden können. Ein solches Modell kann im Betrieb ständig kalibriert werden, um beispielsweise die allmähliche Alterung der Batterie zu berücksichtigen. Die Entwicklung eines solchen Batteriemanagements kann ziemlich aufwendig sein, ist aber für die Zuverlässigkeit und Dauerhaftigkeit z. B. eines Elektrofahrzeugs sehr wichtig.
Größere Batteriesysteme bestehen praktisch immer aus einer Vielzahl einzelner Batteriezellen. Diese können Unterschiede aufweisen, etwa durch Abweichungen beim Herstellungsprozess oder durch unterschiedliche Temperaturen. Solche Abweichungen zwischen den Zellen können die zuverlässige Ermittlung des Ladezustands erheblich erschweren. Deswegen versucht man sie zu minimieren, indem man nur möglichst identische Batteriezellen einsetzt, deren Temperaturen mit einem Thermo-Managementsystem im Betrieb möglichst gleich hält und die Zellen mit den gleichen Strömen belastet (was bei Reihenschaltung automatisch passiert). Außerdem ist es oft nötig, die Spannung (und ggf. auch die Temperatur) der einzelnen Zellen separat zu überwachen. Wenn beispielsweise eine einzelne Zelle wegen eines Defekts viel zu wenig Spannung liefert, könnte dies sonst fälschlich auf einen niedrigen Ladezustand schließen lassen, der dann zur Überladung der noch funktionierenden Zellen führen könnte. Wenn ein Batteriemanagementsystem ein solches Problem erkennt, kann es eine folgenreiche Beschädigung des Gesamtsystems verhindern und den Austausch der defekten Zelle veranlassen. Es gibt auch passive und aktive Methoden der Zellbalancierung, um solche Probleme zu vermeiden.
Selbstentladung
Egal ob eine Batterie verwendet wird oder nicht, sinkt ihr Ladezustand mit der Zeit allmählich von selbst. Dies ist in den meisten Fällen nicht wesentlich eine Folge von Leckströmen, die man nämlich sehr gering halten kann. Die Hauptursache sind chemische Prozesse in der Batterie. Deren Geschwindigkeit hängt stark vom Typ der Batterie ab sowie auch von der Temperatur: Allgemein laufen chemische Prozesse bei höheren Temperaturen schneller ab.
Wenn ein Fahrzeug auch im Stand die Batterie für gewisse Zwecke genutzt, etwa für Überwachungsfunktionen, wird man den dadurch entstehenden Verbrauch nicht als Selbstentladung bezeichnen, obwohl er sich ähnlich auswirkt.
Sinnvolle Wahl des Ladezustands
Eine Batterie muss nicht unbedingt immer voll geladen werden und im Betrieb dann wieder voll entladen werden. Damit müsste man zwar am seltensten laden, jedoch hätte diese Strategie diverse Nachteile:
- Besonders Lithium-Ionen-Batterien altern in einem hohen Ladezustand (z. B. 90 %) erheblich schneller als bei mittleren oder tieferen Ladezuständen. Dies gilt vor allem bei hohen Temperaturen.
- Umgekehrt sind sehr tiefe Ladezustände (etwa unter 20 %) ungünstig, vor allem bei tiefen Temperaturen, da dann der Innenwiderstand ansteigt, was die Strombelastbarkeit reduziert. Auch die Alterung kann dann bei starker Belastung beschleunigt werden.
- Beim Schnellladen hängt die für die Batterie erträgliche Stromstärke stark vom Ladezustand ab: Sie ist oft zwischen ca. 20 % und 60 % am höchsten.
- Das Laden ist häufig nicht beliebig in jedem Moment möglich, weswegen man allzu tiefe Entladezustände häufig vermeidet.
Bei einem Elektroauto wird man häufig nur auf 80 % oder sogar deutlich weniger laden, solange die volle Reichweite nicht benötigt wird. Das Laden wird man häufig bereits bei 20 % oder 30 % starten. Wenn mit eigenem Solarstrom geladen wird, wird man diese Parameter häufig noch anpassen – etwa schon früher laden und einen höheren Endladezustand zulassen.
Wenn das sogenannte bidirektionale Laden genutzt wird, also die Entnahme von Energie aus einer Fahrzeugbatterie für Zwecke außerhalb des Fahrzeugs, spielt der Ladezustand wiederum eine wichtige Rolle. Beispielsweise kann man den minimal erlaubten Ladezustand von der Tageszeit und von geplanten Fahrten abhängig machen. Es geht am Ende um eine Abwägung zwischen verschiedenen Aspekten wie Einsatzbereitschaft des Fahrzeugs, Stromkosten bzw. Erlöse durch Einspeisung ins Netz zu Zeiten mit Engpässen, und Alterung der Batterie. Allerdings ist das bidirektionale Laden bislang aus verschiedenen Gründen noch kaum möglich.
Siehe auch: Akkumulator, Laden von Elektroautos, Elektroauto
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