Die Gasheizung hat definitiv keine Zukunft
Erschienen am 24.06.2024 im RP-Energie-Blog (als E-Mail-Newsletter erhältlich!)
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Autor: Dr. Rüdiger Paschotta, RP-Energie-Lexikon, RP Photonics AG
Inhalt: Das Erdgas ist heute dreckiger denn je, und zudem finanziert man damit eine brutale Diktatur, die uns mit Atomwaffen droht. Weiterhin krampfhaft an Gasheizungen festzuhalten, ist alles anderes als eine zukunftsträchtige Strategie.
Im unsäglichen Streit um das deutsche Heizungsgesetz entstand für viele der Eindruck, man müsse gegen die Regierung das Recht erkämpfen, seine Öl- oder Gasheizung bis in alle Ewigkeit weiter betreiben zu können – als gäbe es kein Problem damit, außer eben das eine von Ökodirigisten gelenkte Regierung einem ohne vernünftigen Grund dieses Recht nehmen wolle. Dieses Heizungsgesetz sah freilich schon von Anfang an eine große Menge von Ausnahmeregelungen vor, die im Verlauf des Streits dann noch erheblich weiter ausgedehnt wurden. Damit sollten irgendwelche unvertretbaren Härten wirklich extrem unwahrscheinlich geworden sein.
Ist damit das Problem nun gelöst? Natürlich nicht. Im Folgenden soll genau begründet werden, warum die Gasheizung definitiv keine Zukunft mehr hat und es einem in aller Regel gar nichts bringt, krampfhaft daran festzuhalten. Vielmehr werden viele, die trotz aller Warnungen an der Gasheizung festhalten, damit am Ende schlechter dran sein.
Das ökologische Problem
Eigentlich sollte es ausnahmslos jeden Menschen interessieren, ob wir die immer augenfälliger werdende Bedrohung durch die Klimagefahren noch abwenden bzw. immerhin einigermaßen abmildern können. Es mag zwar sein, dass wir das nach etlichen verpennten Jahrzehnten nun vielleicht nicht mehr schaffen werden, selbst wenn ein paar Länder wie Deutschland und die Schweiz endlich das Notwendige tun würden. Wenn aber nicht einmal solche ziemlich wohlhabenden Länder das notwendige tun, ist das Scheitern bereits garantiert. Und dann werden wir in einigen Jahrzehnten mit Problemen kämpfen, gegen die die augenblicklich die Bevölkerung verunsichernden Herausforderungen harmlos sind. Es muss auch daran erinnert werden, dass wir in den Industrieländern pro Kopf immer noch weitaus mehr zur Klimakrise beitragen als der weltweite Durchschnitt und es deswegen absurd wäre zu behaupten, wir gingen ja bereits vorbildlich voran – es läge erst mal an anderen, etwas zu tun. Wir werden auch insbesondere China nicht überzeugen können, ohne uns endlich selbst ernsthaft zu bewegen.
Warum aber gerade die Heizung? Die erste wichtige Einsicht ist, dass die Heizungsanlagen in einem Land wie Deutschland tatsächlich einen sehr erheblichen Teil der CO2-Emissionen verursachen. Ohne große Fortschritte auch in diesem Sektor erreichen wir die übrigens bereits gesetzlich verankerten Klimaziele nicht, würden damit also sowohl nationales als auch internationales Recht verletzen. "Würden" ist übrigens an sich irreführend: Solche Rechtsverletzungen geschehen bereits jetzt, wie vor wenigen Jahren auch das Bundesverfassungsgericht bereits eindeutig bestätigt hat. Auch die Ampel-Regierung tut viel zu wenig, und wenn sie noch mehr auf die Kritik der Opposition einginge, wäre es nochmals wesentlich weniger. Wohlgemerkt hört man zwar viel Kritik, aber kaum jemals ernsthafte Vorschläge, wie es besser gehen könnte.
In vielen Köpfen steckt immer noch die unbegründete Meinung, die Gasheizung sei doch immerhin im Vergleich zur Ölheizung relativ klimafreundlich. Nur ein Fünkchen Wahrheit steckt darin: aus dem Schornstein kommt damit immerhin etwas weniger des klimaschädlichen Kohlendioxids. Übersehen wird damit aber immer wieder, dass bei der Gewinnung des Erdgases ganz erhebliche zusätzliche Umweltbelastungen entstehen.
Bereits vor fast zehn Jahren habe ich in diesem Blog erklärt, dass unser Erdöl absehbar noch viel dreckiger werden wird. Das galt in ähnlicher Weise natürlich auch für Erdgas. Inzwischen hat sich die Lage gerade beim Erdgas wegen Russlands verbrecherischen Kriegs gegen die Ukraine sogar noch wesentlich schlimmer als damals befürchtet entwickelt. Wir verbrauchen heute einen viel größeren Teil in Form von Flüssigerdgas, weil wir weiter entfernte Quellen nutzen, wo der wesentlich effizientere Transport durch Pipelines ausscheidet. Zudem wird ein immer größerer Teil unseres Gases durch Fracking gewonnen, welches in der Regel auf verschiedene Weisen sehr umweltbelastend ist, insbesondere auch wesentlich klimaschädlicher – vor allem durch schwer vermeidbare Leckagen von Methan. Deswegen muss man heute davon ausgehen, dass die Gasheizung zu den klimafeindlichsten Arten der Beheizung von Gebäuden gehört. (Höchstens eine Elektroheizung, betrieben mit Dreckstrom z. B. von Gas- und Kohlekraftwerken, kann noch ein ganzes Stück schlimmer sein.) Siehe dazu auch meinen Blog-Artikel vom 22.11.2019.
Die Preisentwicklung
Die zukünftige Preisentwicklung für Erdgas lässt sich sehr schwer prognostizieren, da sie entscheidend vom weiteren Verlauf turbulenter politischer Prozesse und auch des Ukraine-Kriegs abhängt. Die optimistischste Variante wäre noch, dass Russland den Krieg bald aufgibt und sich wieder ernsthaft um vernünftige Beziehungen zum Westen bemüht. Darauf würde ich jedoch kaum wetten wollen. Wenn Russland den Widerstand der Ukraine aber irgendwie überwindet und dieses Land dann dauerhaft brutal unterjocht, dürfte eine Normalisierung der Beziehungen für viele Jahre kein Thema mehr sein. Höchstens vielleicht, wenn Deutschland dann wieder von Nazis regiert würde, die für und von Putin mehr Sympathien haben als Demokraten und Humanisten. Sollte es so kommen, wären Heizungsanlagen sicherlich kein zentrales Thema mehr; wir hätten dann noch ganz andere Probleme.
Ein nicht unwesentlicher Faktor ist auch die CO2-Steuer. Der bisherige Ansatz der Ampel-Regierung war es, eher auf staatliche Hilfen zu setzen als auf Energiepreise als Lenkungsinstrument. Damit stößt man aber zunehmend auf finanzielle Grenzen. Dies bedeutet, dass die CO2-Steuer zukünftig deutlich schneller ansteigen muss – außer man würde den Klimaschutz letztendlich offiziell aufgeben und sich damit abfinden, dass wir eben auf diesem Planeten keine Zukunft mehr haben. Wenn wir dieses Schreckensszenario mal außen vor lassen, müssen wir also mit einer zusätzlichen Preisbelastung für Energieträger wie Erdgas rechnen.
Verfügbarkeit von Erdgas
Eine weitere wichtige Frage ist, wie lange Erdgas überhaupt noch zum Betrieb von Heizungsanlagen zur Verfügung stehen wird. Einerseits sieht es so aus, es würde Erdgas auf dem Weltmarkt noch deutlich länger zur Verfügung stehen, als es angesichts des nötigen Klimaschutzes überhaupt wünschbar ist. Andererseits gibt es nicht nur die Möglichkeit, dass sich dies doch noch ändern wird – aus einem oft übersehenen Grund:
Das Erdgas muss vom Weltmarkt auch in den Heizungskeller kommen. Dafür braucht es Gasnetze, und diese werden mehr und mehr stillgelegt. Dies liegt teilweise an politischen Beschlüssen; beispielsweise wurde für die Stadt Zürich schon vor Jahren beschlossen, dass die Gasnetze Zug um Zug abgeschaltet werden und die Betreiber von Gasheizungen deswegen zum Umstieg auf eine andere Art der Heizung gezwungen sind. In einigen Stadtteilen ist dies bereits erfolgt, andere werden in den nächsten Jahren folgen. Aber auch andernorts, wo es weniger politische Weitsicht gibt, werden Gasnetze für deren Betreiber immer weniger wirtschaftlich, da immer mehr Kunden abspringen, sodass der weitere Unterhalt dieser ausgedehnten (und oft schon alt gewordenen) Infrastruktur von immer weniger Kunden bezahlt werden muss. Genau zu diesen Kunden möchten Sie am Ende sicher nicht gehören. Das bedeutet nämlich entweder erhebliche zusätzliche Preissteigerung oder aber eine Abschaltung des Gasnetzes womöglich vor Ende der Lebensdauer Ihrer Gasheizung. Oder auch beides zusammen.
Angebliche Alternativen sind Traumtänzerei
Manche träumen davon, ihre Gasheizung zukünftig mit Wasserstoff betreiben zu können. Damit dies irgend einen Sinn macht, müsste der freilich aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Nun wird zwar eine entsprechende Produktion auf jeden Fall aufgebaut werden, aber sie wird absehbar für viele Jahre kaum ausreichen, um den großen Bedarf für industrielle Anwendungen zu decken. Zu glauben, man könne von diesem Kuchen etwas für die eigene Gasheizung (oder auch für das Brennstoffzellen-Auto) abschneiden, ist reine Traumtänzerei. Das dürfte in vielen Fällen schon daran scheitern, dass gar kein Gasnetz mehr in den eigenen Heizkeller führt, wenn der Wasserstoff einmal da ist. Außerdem werden die Preise kaum so sein können, wie sie früher für Erdgas waren. Ich halte deswegen die Anpreisung von Heizungsanlagen als "H2-ready" für eine Irreführung.
Man bedenke auch die extrem niedrige Energieeffizienz der Beheizung mit Wasserstoff aus Elektrolyse. Für eine Kilowattstunde Heizwärme braucht man mindestens ca. 1,2 kWh Strom – also deutlich mehr als für eine Elektroheizung und natürlich ein Vielfaches dessen, was eine Wärmepumpenheizung bräuchte. Der einzige Vorteil ist, dass der Wasserstoff als Speichermedium dient, der Strom also nicht in dem Moment erzeugt werden muss, in dem man die Heizwärme braucht.
Biogas ist ein anderer denkbar Ersatz. Aber auch hier reichen die verfügbaren Mengen hinten und vorne nicht. Beispielsweise wurde der schweizerische Gasverbrauch in 2022 nur zu 1,3 % durch Biogas gedeckt.
Eine weitere trügerische Hoffnung ist Power to Gas. Zwar wird diese neue Technologie mit Sicherheit hier und da zum Einsatz kommen, jedoch wird auf absehbare Zeit nicht genügend synthetisches Erdgas entstehen, um damit einen nennenswerten Teil der Gasheizungen betreiben zu können.
Gas und Öl finanzieren Putins Krieg
Putins Diktatur, die uns offen mit atomarer Vernichtung droht, finanziert sich und ihren Krieg zu einem wesentlichen Teil durch den Export von Energieträgern – Erdgas, Erdöl, Kohle und Uran. Das sind deutlich über 100 Milliarden Euro pro Jahr, von denen immer noch einiges aus Europa stammt. Nun wurden diese Exporte nach Europa zwar bereits stark reduziert, aber leider noch lange nicht auf Null. In 2023 waren es immer noch 9 %, die aus Russland durch Pipelines kamen, und weitere 6 % als Flüssigerdgas (LNG).
Dies bedeutet, dass wir 15 % des europäischen Erdgasverbrauchs einsparen müssen, um die Importe aus Russland total einzustellen, wenn die Lieferungen aus anderen Ländern konstant blieben. Das wäre sicherlich ein erheblicher Beitrag, um Putin davon zu überzeugen, dass Kooperation auf Dauer eben doch besser wäre als der Einsatz brutaler Gewalt. Schon in 2023 hat Gazprom einen milliardenschweren Verlust eingefahren, nur reicht das noch nicht, um die genannte Überzeugungsarbeit zu leisten. Das russische Regime muss die richtigen Signale erhalten, um möglichst bald einzusehen, dass eine Bedrohung unserer Sicherheit ihm rein gar nichts bringt außer einem enormen Schaden; bis dahin bleiben wir voll in der Krise.
Selbst wenn es einiges Geld kostet, um das zu erreichen, und Russland trotzdem ein gefährlicher Gegner bleibt, wären erhebliche Ausgaben der Energiewende allein schon dadurch gerechtfertigt, dass die nötigen Verteidigungsausgaben Europas in zukünftigen Jahren umso höher ausfallen werden, je mehr Mittel die russische Diktatur für ihre Aufrüstung zur Verfügung hat. Da braucht man die erheblichen ökologischen Vorteile noch nicht einmal zu berücksichtigen, um zu der klaren Einsicht zu kommen, dass das unentschlossene Durchwursteln am Ende viel teurer ist.
Leider ist übrigens die Umstellung auf andere Gaslieferanten auch nur eine sehr unvollständige Lösung. Je mehr Gas wir z. B. aus dem Nahen Osten kaufen, desto weniger steht anderen Ländern dort zur Verfügung, und desto mehr wird dann wieder aus Russland gekauft – nur immerhin zu erheblich tieferen Preisen. Eine Reduktion der Gesamtimporte wäre aber wesentlich zielführender als nur eine Verlagerung auf andere Lieferanten.
Aber was soll ich denn tun?
Es gibt also mehr als genug Gründe, sich baldmöglichst von seiner Gasheizung zu verabschieden, wenn man noch irgendein Interesse an einer lebenswerten Zukunft hat. Natürlich braucht es dann eine andere Lösung, und was könnte diese sein? Die Antwort hängt stark von den jeweiligen Umständen ab. Einige Beispiele:
- Bei Neubauten ist es am einfachsten. Entweder man baut das Haus gleich als Passivhaus, welches nur für außergewöhnlich kalte Tage eine kleine Notheizung benötigt, etwa einen Flüssiggasofen, oder man baut eine Fußbodenheizung und betreibt diese mit einer Wärmepumpe, die dann ziemlich wenig Strom benötigt. Selbst die Errichtung einer Erdwärmesonde ist dann nicht allzu teuer, da der Wärmebedarf mit erfolgten gute Wärmedämmung sehr gering ausfallen wird, also auch die Länge der benötigten Sonde. Aber auch eine Luft/Wasser-Wärmepumpe ist dann eine akzeptable Variante, da man nur eine geringe Vorlauftemperatur benötigt und überhaupt nur relativ wenig Wärme.
- Auch bei vielen Bestandsgebäuden ist ein Ersatz der Gasheizung durch eine Wärmepumpenheizung problemlos möglich – zwar oft relativ teuer in der Anschaffung (wegen der wesentlich größeren Sondenlänge), aber dann sicher, bequem und günstig im Betrieb. Ich möchte in diesem Blog demnächst von unseren eigenen Erfahrungen berichten; wir haben in unserem Einfamilienhaus letztes Jahr die Wärmepumpe bekommen, und ich freue mich sehr über die ausgezeichnete Effizienz, die ich seitdem messen konnte. Die jährlichen Heizkosten liegen nun trotz einer nicht so guten Wärmedämmung etwa so niedrig wie früher im etwas kleineren und vor allem bestens wärmegedämmten Haus mit Gasheizung – wohlgemerkt trotz der damaligen tiefen Gaspreisen vor Putins Krieg und des ganz erheblichen Anstiegs unseres Strompreises in 2023.
- Andere Häuser können in den nächsten Jahren an ein Nahwärmenetz angeschlossen werden, was in der Regel auch eine sehr gute Lösung darstellt. Damit müssen Sie sich gar nicht mehr um die Wärmeerzeugung kümmern, und in der Regel wird sie dann wesentlich "grüner", wenn nicht sogar ökologisch perfekt. Großwärmepumpen werden hierbei häufig zum Einsatz kommen.
- Es verbleiben noch etliche Häuser, für die diese Lösungen alle nicht infrage kommen. Dann muss man je nach den konkreten Umständen eine Lösung finden. Für manche Häuser mag es eine Holzpelletheizung sein, wobei wir allerdings nur eine begrenzte Menge von Pellets jährlich zur Verfügung haben, den Verbrauch also kaum mehr ausweiten können. In manchen Fällen mag eine dezentrale Wärmepumpen-Lösung vernünftig sein, also die Verwendung von Split-Klimageräten, die meistens auch für den winterlichen Heizbetrieb geeignet sind. Diese Geräte erreichen mittlerweile auch meistens eine ziemlich gute Energieeffizienz, wenn auch meist weniger als eine Wärmepumpen-Zentralheizung.
Natürlich können viele nicht selbst beurteilen, was jeweils die beste Lösung ist. Genau dafür gibt es aber ja Energieberater. Wer immer nur jammert, er sähe für sich keine Lösung, aber noch nie mit einem Energieberater gesprochen hat, hat eine ziemlich einfache Aufgabe vor sich. Die Energieberatung wird dann sogar noch staatlich gefördert.
Fazit
Sowohl die Klimakrise als auch die russische Aggression sind schon für sich genommen Grund genug, um schnellstmöglich unseren Erdgasverbrauch weiter zu drosseln. Auch wenn bei keiner Art des Handelns der Erfolg garantiert ist in Zeiten, wo der Wahnsinn um sich greift, müssen wir wenigstens die Optionen wahrnehmen, die uns eine reelle Chance ausgeben, anstatt gleich aufzugeben. Und die Gasheizungen spielen hier eine durchaus wichtige Rolle, da sie einen erheblichen Teil des Gasverbrauchs beispielsweise in Deutschland verursachen.
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